Jetzt hat sie es geschafft, den Sprung zum Immateriellen Kulturerbe, die alte Morsetelegraphie. Viele glauben ja schon, dass es diese wunderbare Betriebsart nahezu nicht mehr gibt, doch in den Kreisen der Funkamateure ist es eine Betriebsart, die auch heute, oder erst recht heute Ihre Daseinsberechtigung hat.

Doch was ist das Besondere an diesem Gepiepse?

Der Anfang
Die ersten Signale, die zur Nachrichtenübermittlung verwendet wurden waren der heutigen Morsetelegraphie sehr ähnlich. Natürlich anfangs noch nicht ausgreift musste die Codierung von Zahlen und Buchstaben erst langsam in Form kommen, bis sie sich langsam durchsetzen konnte. Hier war Samuel Morse derjenige, der sich durchsetzen konnte und dieser Art der Übermittlung bis heute seinen Namen gegeben hat: Das Morsen.

Das Signal aus der Telegrafenleitung übermittelte durch lange und kurze Zeichen die einzelnen Buchstaben, Zahlen und Sonderzeichen die Telegramme der Kunden. Erst viel später wurde, unter anderem von Graham Bell, die Übertragung von gesprochenen Worten über den elektrischen Draht erfunden und noch später erst die Übertragung mit der Hochfrequenz.

Heute
Nun könnte man denken, dass in der heutigen Zeit diese Morsetelegraphie völlig überholt sein muss, liegen doch immerhin schon mehr als 100 Jahre zwischen der Erfindung der Nachrichtentechnik und der gegenwärtigen Unterhaltungselektronik. Da dürfte doch das gesprochene Wort alles andere den Rang abgelaufen haben, oder? Weit gefehlt. Dreht man auf den Kurzwellenbändern über die exklusiv für die Telegraphie vorbehaltenen Bereiche, dann hört man dort Signale aus der ganzen Welt. Und noch ein Bereich, in dem die Telegraphie weit verbreitet ist, unter den Anhängern der kleinen Leistung findet man überwiegend Telegraphisten und eher selten Sprechfunkanhänger.

Was ist das Geheimnis, dass dem so ist?

Das gewisse Etwas
Nicht nur, dass ein Sender und Empfänger für Telegraphie deutlich einfacher aufzubauen ist, die Morsesignale sind wesentlich schmalbandiger und dadurch wird die wenige Leistung auf einen kleinen Bereich konzentriert. Beim Sprechfunk wird schon deswegen eine größere Bandbreite benötigt, damit die Stimme am Ende noch verständlicher bleibt. Diese ist ungefähr 27mal größer, also braucht man auch so über den Daumen gepeilt die 27-fache Leistung. Mal in Zahlen ausgedrückt: Wenn bei Telegraphie für eine Verbindung eine Leistung von 5 Watt benötigt wird, dann müsste man für die selbe Verbindung in Sprechfunk rund 135 Watt aufbringen! Hier sieht man dann auch, dass beim Portabelbetrieb für den Telegraphist der Akku wesentlich länger reicht!

Die Morsetaste
Bei Morsetelegraphie denkt jeder an die aus vielen Filmen bekannte Morsetaste. Hier mal als Beispiel meine einfache Taste:

Morsetaste1 Mit dem Zeigefinger und dem Mittelfinger geht man oben auf den schwarzen Tastknopf drauf, umfasst leicht von unten mit Daumen und Ringfinger den Knopf und gibt aus dem Handgelenk heraus die Morsezeichen. Dies bedarf durchaus etwas Übung, weil man mit seiner Bewegung der Herr über die Dauer von Strichen und Punkten ist. Man hört sehr deutlich, ob man „schmiert“ oder nicht.

Dennoch ist man mit so einer einfachen Taste in vollem Umfang in der Lage, bis ungefähr 100 Buchstaben in der Minute zu senden. Die Sonderspezialisten, die es geradezu darauf anlegen, Höchstgeschwindigkeiten zu erreichen, sind hier mal nicht berücksichtigt…

Allerdings hat sich mit der Entwicklung der modernen Elektronik auch eine neue Tastentechnik entwickelt. Zuerst gab es die Einhebeltaste, die zur einen Seite gedrückt nur Striche produziert und in die andere Richtung gedrückt nur Punkte. Die Zeichen selber werden von der Elektronik generiert.

Solche Tasten gibt es auch heute noch und werden immer noch von vielen Funkern genutzt. Eine Weiterentwicklung ist die Zwei-Paddel-Taste. Ein Paddel für die Punkte, ein Paddel für die Striche. Werden beide Paddel zusammengedrückt, erzeugt die Elektronik immer abwechselnd einen Punkt und einen Strich. Diese Tasten werden auch Squezzetaste genannt und erlauben dem geübten Telegraphisten atemberaubende Geschwindigkeiten, mit denen so zusagen Unterhaltungen im selben Tempo möglich sind, als ob man mit dem Gegenüber sprechen würde.

Dies ist so eine Taste:

Morsetaste2 Rechts sind aus Plexiglas die beiden Paddel zu erkennen, die in der Mechanik gelagert sind. Die schwere Grundplatte verhindert ein Verrutschen beim Geben und ist nicht zu verachten, solche Tasten haben schnell mal 1,5kg Gewicht! Auch die „normale“ Taste ist auf eine massive Grundplatte geschraubt, um bei der Arbeit einen sicheren Stand zu haben.

Hier ist noch ein Punkt, der den Vorteil der Morsetelegraphie gegenüber dem gesprochenen Wort aufzeigen soll: Gesprächspartner sollten zumindest über eine gemeinsame Sprache verfügen, in der sie sich unterhalten können. Wir kennen das vielleicht aus dem Urlaub, wenn wir etwas suchen und der Landessprache nicht mächtig sind. Dann werden Gesten und Bilder wieder zur einzigen Verständigung!

Beim Morsen dagegen haben sich im Laufe der Jahre Kürzel und sogenannte Q-Gruppen entwickelt, die die gebräuchlichsten Worte und Redewendungen wiedergeben. Und diese Kürzel und Q-Gruppen sind auf der ganzen Welt gleich. Von daher kann jeder, der die Abkürzungen kann, mit jedem auf der Welt kommunizieren. Somit ist die Telegraphie in gewissem Sinne eine eigene Sprache, die mit den Fingern gesprochen wird!

Wann hört man sich auf den Bändern???
Gruß Stefan, DL8SFZ