Geschrieben 2016 zum 70- Jährigen Bestehen des OV-Esslingen im DARC von Rolf Schick, DL3AO.

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AmMastMeine erste Begegnung mit dem Radio-Club Esslingen war nicht sehr einladend. Mit „Kerle, du muesch drausse bleibe, gang no wiedr hoim ond ess Spätzle bei dr Mudder“ wurde ich begrüßt, als ich am Abend des 13. Mai 1946 an der Gründungsversammlung in der Gaststätte Hindenburg, gegenüber der Ingenieur-Schule in der Kanalstraße, teilnehmen wollte.

Der Türsteher hatte recht. Ich war 12 Jahre alt und der Saal war vollgepfropft mit Männern, die mir uralt vorkamen und ständig strömten Neue herein. Der Kummer war umso größer, als mein Begleiter und Freund Kurt Fritz (später DL1CR) sich vorbeischleichen konnte. Aber er war auch schon 15.

Ich hatte zuhause nach einer Prinzipschaltung im „Großen Brockhaus“ eine Audionschaltung mit einer Röhre REN904 nachgebaut. Sie sollte mir gegenüber meinem Detektorempfänger Fernempfang erlauben. Leider gab der Kopfhörer nur ein Netzbrummen ab.

Als in der „Eßlinger Zeitung“ die Gründung des Radio-Club angekündigt wurde, war der Fall klar: Das wird mein Verein.

Vereinsgründungen wurden ein Jahr nach Kriegsende von der Militärregierung mit Argwohn betrachtet. Mit viel Mühe gelang es Eugen Zeh eine Lizenz zur Gründung des Radio-Club‘ s zu erhalten. Zeh war bis 1933 Vorstand des von den Nationalsozialisten verbotenen Arbeiter-Radio-Bundes. Er wurde deshalb nicht verdächtigt, unter einem Decknamen einen Verein für irgendwelche konspirativen Umtriebe gründen zu wollen.

Ich kam dann doch noch in die Versammlung. Wegen Überfüllung wurde die Tür nicht geschlossen. Ich hielt mich hinter dem Eingang auf. Ein freundlicher Mensch kam auf mich zu „komm rein, vielleicht schaffen wir eine Abteilung für Zöglinge“. Am Schluss der Veranstaltung konnte ich sogar noch einen Antrag auf Mitgliedschaft abgeben.

Wenig später wurde ich Zögling im Radio-Club Esslingen mit der Mitgliedsnummer 68. Der Wunsch nach Mitgliedschaft im Radio-Club basierte beim Großteil der Anwesenden aber nicht auf technischer Neugier und Interesse an gemeinsamem Radiobasteln (wie es damals hieß). Radiogeräte, und vor allem Radioröhren, waren 1946 Mangelware. Als Mitglied im Radio-Club erhoffte man sich leichter ein Empfangsgerät beschaffen zu können.

Erwartungsgemäß wurde Eugen Zeh zum Ersten Vorsitzenden gewählt. In meiner Erinnerung wurde Hermann Straub 2. Vorsitzender oder Technischer Leiter. Straub besaß in der Mittleren Beutau (nahe am Marktplatz, wo heute die Ringstraße die Häuserzeile durchschneidet) eines der führenden Esslinger Radiogeschäfte, „Radio-Straub“. Straub war in der Radiotechnik kompetent.

Unter seiner Leitung begannen nach den Sommerferien 1946, im Gebäude der damaligen Gewerbeschule am Blarerplatz, „Kurse für Anfänger und Fortgeschrittene in Elektro- und Radiotechnik“. Die Kurse wurden mit einem Wettbewerb und anschließender Preisverleihung beendet. Den Kondensator habe ich heute noch. Ich glaube, ich bekam ihn für den 5. Platz.

Eugen Zeh war beruflich Mechanikermeister bei der Fa. Reitter und Schefenacker in Oberesslingen. In meiner Erinnerung war er mit Einzelheiten der Radiotechnik (das Wort Elektronik war ungebräuchlich) wenig vertraut. Er war aber ein hervorragender Vereinsvorstand und Organisator. In Verhandlungen mit der Stadt erreichte er, dass dem Verein ein kleines Haus (von uns Bastelheim genannt) im Garten des „Alten Krankenhaus“, Ecke Grabrunnenstraße und Ebershaldenstraße (heute steht dort die Stadthalle), überlassen wurde. Dort traf man sich, ohne Verzehrzwang, was vor allem für die Jugendlichen wichtig war. Die Nichtbastler des Vereins kamen wöchentlich im „Kugelsaal“ in der Bahnhofstraße zusammen. Heute steht dort ein Supermarkt.

Gemeinsames Radiobasteln macht Spaß und auch mein Audion funktionierte in der Zwischenzeit. Doch auf Dauer war dieser Zustand nicht ausreichend!

Es blieb nicht verborgen, dass innerhalb des Radio-Clubs eine kleine Gruppe eine ungewöhnliche Aktivität entfaltete. Hatte man Gelegenheit in ihrer Nähe zu sitzen, so drangen manchmal eigenartige Lautfetzen ans Ohr: QSO, CQ oder S.A.C., eine Abkürzung für Samstagabend Club (ja nicht zu interpretieren als Sende Amateur Club!). Der Gruppe wurden separatistische Tendenzen nachgesagt, Abspaltung vom Radio-Club wurde befürchtet. In den Versammlungen sprach der Vorstand nicht immer liebevoll von „den Kurzwellern“.

Dienstagabends trafen sich die Kurzweller im Bastelheim. lng. Rolf Huber (später DL1LU) war der Referent für die kurzen Wellen. Er hatte noch einige Zeit im DASD (Deutscher Amateur Sende und Empfangsdienst, der nach Kriegsende verboten wurde) verbracht. Weitere Aktive waren Helmut Lutz (später DL1CX), Georg Kocher (heute DL3EK), Bert Schneidewind (später DL1HT) und August Ströhlein (später DL3ET).

Im Winter 1946/47 startete Rolf Huber einen Morsekurs und gab Ratschläge zum Bau von 0-V-1 (Geradeausempfänger mit der Bedeutung: keine HF-Vorstufe (0), eine Audionstufe (V), eine NF-Verstärkerstufe (1)).

Mein Audion wurde zu einem Kurzwellenempfänger erweitert. Der erste Eintrag in meinem Kurzwellenlog ist vom 28.6.1947, D4AQV, James T. Hall, ein amerikanischer Offizier, der in der Panoramastraße (heute Mühlbergerstrasse) mit einem BC610 und 500 W Anodenmodulation sendete. Man konnte ihn in weitem Umkreis in normalen Radioempfängern auf Mittelwelle hören! Es folgen CM5V, G5CL und MD9DC, alles 20m.

Ende 1947 konnten Kurt Fritz und ich die DE-Prüfung (Deutscher Empfänger) ablegen. Das Diplom hängt an meiner Wand, DE8395, unterschrieben von Kurt Schips (heute DL1 DA). Aber von Dauer sollte die Tätigkeit als SWL (Short-Wave Listener) nicht sein, höhere Weihen wurden angestrebt.

Im Sommer 1946 wurde in Stuttgart der Württemberg-Badische Radio-Club (W.B.R.C.) mit Egon Koch (später DL1 HM) als Erstem Vorsitzendem gegründet. Der Vorstand des Radio-Club Esslingen beschloß, dem W.B.R.C. als Dachverband beizutreten, nichtsahnend, damit ein Trojanisches Pferd, vollgestopft mit potentiellen Funkamateuren, in sein Lager zu holen.

Aus dem Radio-Club Esslingen wurde der Ortsverband Esslingen im W.B.R.C.

Ich kann mich noch gut an eine Diskussion im Kugelsaal erinnern, als es um den Namen der künftigen Clubzeitschrift ging. Es entwickelte sich großer Widerstand gegen den Vorschlag der Stuttgarter Gruppe vom W.B.R.C., den Titel „QRV“ zu wählen. Mit QRV sollte vor allem dem Ausland gezeigt werden, die deutschen Amateure sind wieder „bereit zum Senden“.

Eugen Zeh war der Name völlig unsympathisch, er wollte „Radiobastler“ oder etwas Ähnliches. Im Diskussionsfieber rief er aus, „wir brauchen einen kurzen Titel“. Der Kurzweller Georg Koch erwiderte trocken „was gibt es kürzer als QRV?“.

Die Stuttgarter „Sektion Kurzwelle“ im W.B.R.C. entwickelte sich immer mehr zur Keimzelle eines künftigen Funkamateur-Verbandes. In den Jahren 1946 und 1947 war es aber nicht opportun, das Wort Radio-Amateur oder Funkamateur im Namen zu führen. Es klang zu sehr nach unzulässiger Sendetätigkeit.

Doch Amateurfunk ist nicht so leicht aufzuhalten. Mit Tolerierung amerikanischer Militärs (vgl. Körner: Geschichte des Amateurfunks) und argwöhnisch beobachtet von den wieder erstandenen deutschen Stellen mit hoheitlichen Aufgaben, wurden ab 1947 vom S.A.C. in Stuttgart „Sendelizenzen“ mit DA-Rufzeichen ausgegeben, welche „under cover“ Betrieb ohne allzu große Gefahr ermöglichten. Auf Schwarzsenden standen nach dem Kriege schwere Strafen.

Eine Rufzeichenliste von 1948 weist für Esslingen aus:

DA1GA „Max“ (später DL lLU), DA1GG „Kalle“ (später DL3ET), DA1GM „Heini“ (später DLlCX), DA1GN ,,Joe“ (später DL1HT) und DA1GW „Hans“ (später DL1HL).

Bei einem Treffen in Frankfurt im Januar 1948 wurde beschlossen, die einzelnen Radioverbände der Bi-Zone (amerikanische und britische Besatzungszonen) in einem Deutschen Amateur Radio Club (D.A.R.C.) zusammenzufassen. An das weitere Schicksal des W.B.R.C. kann ich mich nicht mehr erinnern, er war damit zur Bedeutungslosigkeit verurteilt und ist bald von der Bildfläche verschwunden.

Mein Mitgliedsausweis 1948/49 trägt schon die DARC Raute und den Namen Deutscher -Amateur-Radio-Club Württemberg-Baden (Sitz Stuttgart). 1950 wurden die einzelnen Landesverbände zu einem Club zusammengefasst, dem heutigen DARC.

Erwähnenswert ist das weitere Schicksal des Radio-Club Esslingen, welcher ja formal nie aufgehört hat zu existieren. Eugen Zeh war weder Radiotechniker, geschweige denn Funkamateur, aber technisch sehr interessiert. Nachdem die ungeliebten Kurzweller weg waren, gab er dem Radio-Club den Namen „Verein für Technischen Fortschritt (V.T.F.)“. In meinem Mitgliedsausweis des V.T.F. aus dem Jahr 1951 ist noch das alte Radio-Club Esslingen Emblem eingedruckt.

Eugen Zeh und Professor Kögler, der an der Ingenieur-Schule in Esslingen lehrte, waren die treibenden Kräfte im V.T.F. Der Verein organisierte Vorträge und Kurse zur technischen Weiterbildung, welche bald sehr beachtet wurden. Daraus entwickelte sich die Technische Akademie Esslingen, eine Institution mit heute weit überregionaler Bedeutung und internationaler Anerkennung.

Ab Sommer 1948 wurden von der Deutschen Bundespost Prüfungen zur Erlangung einer Sendegenehmigung abgenommen. Lizenzen gab es aber erst ab März 1949. Meine Lizenzurkunde trägt das Datum vom 23. März 1949.

Nach dem Gesetz über den Amateurfunk war zwar ein Mindestalter von 18 Jahren (in Ausnahmefällen 17 Jahre) vorgeschrieben. Ich war aber 15 Jahre alt und der jüngste lizenzierte Funkamateur Deutschlands. Mein Dank geht heute noch an den mein Alter ignorierenden, mir unbekannten Prüfer von der Bundespost.

Anfang der 50´er Jahre traf sich der OV Esslingen Dienstagabends in der Gaststätte Hirsch nahe des Marktplatzes (auch dieses Haus wurde ein Opfer der Ringstraße). Mit der Trennung vom Radio-Club Esslingen stand das Bastelheim ja nicht mehr zur Verfügung.

Kurzwellenfunk auf den höheren Bändern und DX-QSO‘ s standen bei den aktiven Mitgliedern im Vordergrund. Telefonie auf 80 m war verpönt und hatte das Ansehen des heutigen FM-Relaisfunk. Nur das Esslinger Rund-QSO fand sonntags um 10 Uhr auf 80 m statt. DLlLU eröffnete es mit einer Schallplattenabspielung der „Kleinen Nachtmusik“.

Mein Log von 1950 zeigt folgende regelmäßige Teilnehmer:

DL1CR, DL1CX, DL1HL, DL1HT, DLlLU, DL3AO, DL3EN, DL3ET, DL3PA, DL3PC, DL3YY.

DX-Conteste waren beliebt. Der World-Wide DX Contest wurde 1955 an der Station von Helmut Hengstenberg (DL9CI) in der Sektion Multi-Operator, All-Band CW, angegangen und auf Anhieb der erste Platz in Deutschland belegt.

Im gleichen Jahr erfolgte auch die erste Teilnahme an einem Feldtag (Fieldday), natürlich in CW (damals gab es auch keinen Feldtag in Telefonie!). Möglich wurde dies, weil einige amerikanische OM (DL4´s) von den Nellingen Barraks an unseren Clubabenden teilnahmen. Sie konnten mit Hilfe von Militärfahrzeugen (Jeeps) das sonst für uns Lehrlinge, Schüler und Studenten unmögliche Transportproblem lösen. Bobby J. Bond, DL4TC, K4DMO, war regelmäßig bei den Clubabenden im Hirsch dabei. Er schätzte besonders das Biertrinken aus Stiefeln.

Der zweite Platz im FD 1955 war gar nicht so schlecht. Die Stuttgarter unter DLOST hatten die Nase vorn. Doch das sollte sich bald ändern!1956 brachte einen neuen Höhepunkt in der Amateuraktivität: Eine DXpedition nach Luxemburg!

Teilnehmer waren DL1CR, DL3AO, DL9CI und DJ2MB. Mehr als 2000 QSO’s waren die Ausbeute. Für die damalige Zeit eine erstaunliche Zahl, man hat die QSO‘ s zwar schnell aber doch individuell durchgeführt. Auch die Unsitte mit dem Standard Rapport 599 war noch nicht eingeführt. Luxemburg war 1956 im Amateurfunk ein schwer zu arbeitendes Land, QSL-Karten aus LX eine Rarität. Trotzdem wurde uns öfters ein Tonrapport von T8 angehängt, irgendwie kam ein Netzbrumm auf das Signal.

Der Eintritt von zwei Mitgliedern im Sommer 1956 brachte dem OV-Leben ganz neue Impulse. Eberhardt Ludwig und Ernst Abel, wenige Zeit später als DJ3JZ und DJ3VM lizenziert, hatten in Wernau die Textilfabrik Gebrüder Abel (GEA) erfolgreich aufgebaut und wollten sich nun in ihrer freien Zeit dem Amateurfunk widmen.

Beide waren vor dem Kriege in Dresden und Chemnitz Mitglieder im DASD. Sie brachten Begeisterung für den Amateurfunk, technisches Verständnis und die Möglichkeit zum Aufbau großer Antennenanlagen mit entsprechenden Stationen auf ihrem Fabrikgelände mit. Im OV trafen sie kompetente Partner für Technik, QSO‘ s und Conteste. Von 1956 bis 1965 wurde Jahr für Jahr die Station DJ3JZ nationaler Sieger im WW CQ DX Contest, meist in der Betriebsart Multi-Op, Multi-Transmitter.

1959 und 1961 wurde die weltweit höchste Punktzahl erreicht und damit der „Buzz Reeves Pokal“ gewonnen. Die Operators setzten sich zusammen aus DLlCR, DL3AO, DL6HW, DL6KC, DL6UR, DL9CI, DJ1BP, DJ4LI und DJ3JZ. High-score Ergebnisse gab es auch in den ARRL-Contests unter dem Rufzeichen DJ3VM.

Am Feldtag wurde unter dem Rufzeichen DL1CR teilgenommen, Standort meist der Auchtert bei Ochsenwang. Auch hier wurde über Jahre hinweg der erste Platz in der Bundesrepublik erzielt.

Irgendwann ermüden auch die aktivsten Operateure. Mitte der 60er Jahre wurde die Contest Mannschaft auseinandergerissen. Beruf, Wegzug, Heirat oder andere Interessen forderten Tribut. Einige der genannten Amateure sind heute noch aktiv. Am sichersten findet man sie Samstagmorgens in einer Alt-Herren Runde auf 3630 KHz. So schnell werden aus Zöglingen Oldtimer.

Die „Radiotechnischen Lehrgänge“ fanden am Blarerplatz in Esslingen im Gebäude der damaligen Gewerbeschule statt. Im Winter geheizte Räume vorzufinden war Glückssache.

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Mitteilung in der QRV (Heft 1, Januar 1947)

Vortragende im Kurs waren Radiomeister Straub (vom Radio-Haus Straub) und Ing. Felix Huber. Huber war im Krieg in der RADAR-Technik beschäftigt. Im Kurs führte er mit Nipkow´schen Scheiben und mit Braun´schen Röhren Bildübertragungen vor. Er war ein herausragender Techniker.

Kurt und ich durften ihn manchmal in seinem elterlichen Haus in der Katharinenstaffel besuchen. Es war manchmal schwierig ihn von seinem Lieblingsthema, dem Panorama-Empfänger, wegzubringen. In aller Freundlichkeit war er für uns „der Panorama-Huber“ (Zur Unterscheidung von seinem Zwillingsbruder Rolf). Felix verunglückte 1951 tödlich auf der Straße von Owen nach Kirchheim, wegen eines Gabelbruchs bei seinem NSU-Motorrad „FOX“.

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Aus der QRV, Januar 1947: Artikel von Felix Huber zum Thema Panorama- Adapter. Durch FFT und SDR heute eine Selbstverständlichkeit, war eine spektrale Darstellung damals im Amateurbereich ein Novum.

Vereine und Mitgliedsausweise

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Die Mitgliedsausweise zeigen den Übergang vom Radio-Club Esslingen zum W.B.R.C.

Im Jahre 1951 vereinigten sich die Radio-Clubs der einzelnen Länder zum D.A.R.C. Aus dem Radio-Club Esslingen entstand der Verein für Technischen Fortschritt (V.T.F.). Meine Mitgliedsnummer 68 wurde beibehalten. Es zeigt, dass der V.T.F. auch vereinstechnisch Nachfolger des Radio-Club Esslingen war. Aus dem V.T.F. entwickelte sich die weithin bekannte und bedeutende Technische Akademie Esslingen.

Vereinslokale und Treffpunkte

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Der Radio-Club Esslingen versuchte nicht nur über Technik, sondern auch über gesellschaftliche Veranstaltungen das Vereinsleben zu bereichern. Veranstaltungsort war meist der Kugel´sche Saal in der Bahnhofstrasse in Esslingen. Bekannte Künstler wurden eingeladen. Ich erinnere mich besonders an einen, damals allgemein so genannten „Bunten Abend“ im Fürstenfelder Hof in Esslingen im Winter 1947/48. Höhepunkt war ein Auftritt des aus dem Radio bekannten Conferencier und Unterhalters Albert Hofele.

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Nach der Lizenzierung 1949 übernahm die Stadt Esslingen den Druck von QSL Karten für die Esslinger OM. Die Werbeschrift auf der Rückseite sollte den aufkommenden internationalen Tourismus in Esslingen unterstützen. (Mit der englischen Rechtschreibung haperte es bei der Stadtverwaltung noch etwas!)

Das Bastelheim

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Vorderfront des „Alten Krankenhaus“. (Bild Stuttgarter Zeitung, 17.11.2002) Heute steht dort die Stadthalle.

Der Bau mit dem großen Gartengelände zwischen Ebershaldenstrasse, Grabrunnenstrasse und Hauffstrasse war bis zu einem Neubau um 1933 an anderer Stelle das Esslinger Krankenhaus. Anschließend waren hier Städtische Ämter untergebracht.

Eines von mehreren Backsteinhäuschen im Garten hinter dem Haus bekam der Radio-Club Esslingen zur Verfügung. Dienstagabends trafen sich hier ab Herbst 1946 die „Kurzweller“. Rolf Huber gab Morsekurs, Felix Huber unterrichtete Technik. Helmut Lutz lehrte an der Kreidetafel Hochfrequenztechnik.

Als Student der Elektrotechnik an der T.H. Stuttgart waren Helmuts Ausführungen sehr theoretisch. Heute vermute ich, er hat mit seinen Vorträgen den Stoff für die nächste akademische Prüfung wiederholt!

Eines Abends sprach er über Oszillatoren. Mein Oszillator (Ein E.C.O., Electronic Coupled Oscillator) war alles andere als frequenzstabil. T7 und T8 Rapporte waren häufig, ein T9 selten. Ich hoffte, etwas über Wickeltechnik von Spulen zu erfahren, welche Kondensatoren zu verwenden sind und wie ein Schwingkreis zu dimensionieren und aufzubauen ist. Stattdessen kam dauernd eine „Euler´sche Gleichung“ vor, mit der ich nun überhaupt nichts anfangen konnte. Selbst meinem Freund Kurt Fritz, immerhin schon 16 Jahre alt und in der Oberstufe des Georgii-Gymnasiums, war die Gleichung fremd. Mit H.F.-Technik schien sie überhaupt nichts zu tun zu haben.

Zu Hause schaute ich im Brockhaus meiner Eltern nach. Da stand kurz und bündig: Die Euler´sche Gleichung lautet: Die Zahl e hoch i mal der Zahl pi ist gleich minus 1. In der Schule verwendeten wir die Zahl e=2.71… zur Berechnung von Zins und Zinzeszins, die Zahl pi war mir vom Kreis her bekannt, eine Rechnung mit i als Wurzel aus einer negativen Zahl endete in der Schule erfreulich schnell mit k.L., für „keine Lösung“ (leider war bei diesem Ende allerdings die dahin führende Rechnung meist falsch!).

Und dieses krumme Zeug soll nun so einfach minus eins entsprechen und mir meinen Oszillator besser verständlich machen? Und die Frequenz in der Brockhaus-Gleichung war auch weg? Unmöglich!

Doch irgendwie war die Gleichung faszinierend und gespenstisch und erforderte Aufklärung. Die Antwort von Helmut beim nächsten Treffen war aber so kurz wie die Gleichung: Das erfahrt ihr, wenn ihr auf der T.H. studiert!

Ich habe mit Kurt Fritz Jahre später darüber gesprochen. Die meist spontan und aus dem Stegreif gehaltenen Vorträge von Helmut Lutz haben uns Schüler total überfordert. Hätte er erzählt wann man einen Glimmer- und wo man einen Keramikkondensator einsetzt und wie man die Induktivität einer Spule berechnet hätte es unserer Bastelei zunächst besser gedient.

Wir beide kamen aus Elternhäusern ohne akademische Bildung. Anfang der 50´er Jahre studierten weniger als 5% eines Jahrgangs. Praxis und Handwerk waren in der ersten Nachkriegszeit mehr gefragt als Theorie. Doch Helmut hat uns neugierig gemacht. Seine Begeisterung für die Mathematik im Verstehen elektrischer Vorgänge steckte uns an. Es war viel spannender als unsere Schulmathematik mit vorgegebenem Lösungsweg. Und wir erkannten, theoretisches Wissen erspart manche experimentelle Pröbelei. Es war Helmut Lutz der uns wissen ließ: Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie! Der Bazillus zum Studium an einer Technischen Hochschule war gelegt.

Ein Raum im Bastelheim diente als Werkstatt. Es gab einen Werktisch mit Ständerbohrmaschine, Schraubstock und Werkzeug zur Blechbearbeitung. Ein Lötkolben wurde sorgfältig in einem abschließbaren Schrank aufbewahrt. Bis zur Währungsreform waren Lötkolben Mangelware und schwer erhältlich. Mein Lötkolben zu Hause bestand aus einem runden Kupferstab mit 5 mm Durchmesser, an einem Ende ein Griff von einer alten Feile, am anderen Ende angespitzt. Über den Kupferstab war ein Hochlastwiderstand von 1000 Ohm geschoben. An diesen habe ich direkt 220 V angeschlossen!

Im dem Garten des „Alten Krankenhaus“ befand sich ein Kindergarten. Dazu gehörte ein großer Sandkasten unter einem Kastanienbaum unweit unseres Bastelheims. An Sommerabenden saßen wir oft auf dem Holzrahmen um den Sandkasten herum. Wir Jungen (< 20!) durften dann den sich nicht immer um Technik (!) handelnden Gesprächen der Alten (> 20!) lauschen. Eine realistische Vorbereitung zum kommenden Leben als Erwachsener.

Ich versuche eine Aufzählung der Sandkastenhocker:

Kurt Fritz, DL1CR, Helmut Lutz, DL1CX, Rolf Huber, DL1LU, Herbert Greiner, DL1HL, Wolbert Schneidewind, DL1HT, Rolf Schick, DL3AO, Adolf Maurer, DL3EN, August Ströhlein, DL3ET, Heinz Jost, DL3PA, Walter Mück, DL3PF, Gerd Schömberger, DL3YY, Willy Hütt, DL6UR, Helmut Hengstenberg, DL9CI, Reimer Petersen, DL9JJ, Helmut Kimmel, DJ1BP.

Mit der Auflösung des Radio-Clubs Anfang der 50´er Jahre ging die Zeit im Bastelheim zu Ende. Mit den sich verbessernden Lebensverhältnissen war nun auch Geld für Wirtshausbesuche vorhanden. Wir trafen uns nun jeden Dienstagabend im „Hirsch“. Die Anfangszeit habe ich vergessen. Die Endzeit nicht: Es war die Sperrstunde um Mitternacht!

Der dem Radio-Club nachfolgende Verein für Technischen Fortschritt besaß anschließend noch einige Jahre einen gut ausgestatteten Werkraum im „Dicken Turm“ auf der Esslinger Burg.

Radios und Materialbeschaffung

In den letzten Apriltagen 1945 rückten amerikanische Panzer über die Panoramastrasse nach Esslingen ein. Die Stadt war unter amerikanischer Militärkontrolle. Anschläge in englischer und deutscher Sprache verkündeten Maßnahmen zum Verhalten der Bevölkerung. So wurde zur Abgabe von Radios und Kameras aufgefordert. Für Verstöße drohten strenge Strafen. Was „strenge Strafen“ bedeuten konnte, war der Bevölkerung aus den vergangenen Jahren durchaus bekannt. Sicher wurden nicht alle Geräte abgeliefert. Ob und wann eine Rückgabe der Radios erfolgte weiß ich nicht mehr. Auf jeden Fall führte dies zu einer starken Verknappung von Empfangsgeräten in den Haushalten. Radios, und Ersatzteile, waren Mangelware.

In vielen Haushalten waren noch Detektorempfänger vorhanden (die nicht abgegeben werden mussten!). Fast jeder Junge führte Empfangsversuche mit Detektoren durch und machte sich so unabhängig vom Radiohören der Eltern. Einige schälten sich aus dieser Menge heraus und versuchten mit Radiobasteln auf eine höhere Stufe zu gelangen. Für die Bauteile dazu war man weitgehend auf die örtlichen Radiohändler angewiesen. Da fertige Radios hauptsächlich „hinter dem Ladentisch“ verkauft wurden erfolgte die Bestückung der Schaufenster mit Bauteilen.

In Esslingen gab es fünf Radiogeschäfte. In der ersten Nummer der Zeitschrift QRV vom Januar 1947 sind alle mit Anzeigen vertreten. Wegen der knappen „Hardware“ stellen sie hauptsächlich ihre Reparaturabteilungen heraus, insbesondere mit Regenerieren von Röhren, Trafowickeln und dem Wiederherstellen defekter Elektrolytkondensatoren.

Führendes Radiohaus in Esslingen war die Fa. Eberspächer in der unteren Pliensaustrasse. Die Firma gab es noch bis 1999. Das Geschäft war auf höherwertige Waren spezialisiert, und im Vergleich zu den anderen Läden, auf vornehm eingerichtet. Als Schüler getraute man sich kaum in dem Laden nach einem Widerstand zu fragen.

Im Sommer 1950 legte ich an der Schelztoroberrealschule für Jungen die Prüfung „Mittlere Reife“ ab. In Veranstaltungen warnte das Arbeitsamt Esslingen uns Schüler und die Eltern vor einem weiterführenden Schulbesuch zum Abitur. Zu viele Akademiker waren arbeitslos. Ich stellte mich bei der Firma Eberspächer für eine Lehre als Radiomechaniker vor. Ich zeigte mein (dank Amateurfunk gutes!) Schulzeug, meine Sendelizenz, erwähnte meine Kurzwellenstation und meinte, ich könnte die theoretische Prüfung zum Gesllen schon jetzt bestehen. Dies war aber offenbar zuviel des Guten. Vielleicht befürchtete der Inhaber, ich würde alle Radios auf Kurzwelle umbauen. Abgelehnt! Im Nachhinein, für beide Seiten besser so!

Interessant war die Fa. Weisschädel. Der Laden befand sich schräg gegenüber der Fa. Eberspächer. Die Firma entstand mit viel Aufwand 1946 und machte mit Werbung und Angeboten den anderen Radioläden in Esslingen mächtig Konkurrenz. Die Schaufensterfront war die größte aller Radiogeschäfte in Esslingen. In der QRV-Anzeige steht „Weisschädel – Radio Technische Spezialwerkstätte – Die modernste und größte Werkstätte Süddeutschlands“.

Genau so schnell wie das Geschäft in Esslingen auftauchte verschwand es auch wieder. Die Firma endete 1950 mit betrügerischem Konkurs. Weisschädel war Teil des Firmenimperiums von Willy Bürkle. Bürkle und seine Firmen waren 1950 in einen großes Aufsehen erregenden Finanzskandal (Weithin bekannt als Bürkle-Skandal) verwickelt (siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Willy_B%C3%BCrkle).

Der Skandal riss auch nicht direkt mit Bürkle verbundene Firmen in die Tiefe. So z.B. die Firma von Herbert Lennartz, DJ1ZG, in Tübingen (Fa. Lennartz-Boucke). Die Firma von DJ1ZG war bis dahin in der Nachkriegszeit neben Grundig der größte Hersteller von Radiogeräten in Süddeutschland.

Radio Hofmann wurde Ende der 20´er Jahre gegründet und gehörte zu den alteingesessenen Radioläden in Esslingen. Sein Hauptgeschäft war in der Küferstrasse, ein zweiter Laden in der Pliensaustrasse. Der Laden war etwas bieder aber seriös. Er war auf den Verkauf einfacherer Radios ausgerichtet, bot nebenher aber auch Elektroartikel zum Verkauf an. Bauteile bekam man dort wenig, demnach war er für uns Schüler uninteressant. Meine Mutter kannte Frau Hofmann und unser (Vorkriegs-)Radiogerät stammte aus diesem Hause. Nach dem überraschenden Tod von Herrn Hofmann 1948 wurde das Geschäft aufgegeben.

Radio-Straub befand sich in der Mittleren Beutau, nahe dem Marktplatz und angrenzend an unsere Clubgaststätte Hirsch. Straub war der einzige unter den Esslinger Radiohändlern der im Radio-Club aktiv vertreten war. Ein guter Techniker und Lehrer, von dessen Kurse im Radio-Club ich als 13- und 14-jähriger viel profitierte. Er hatte einen guten Bestand an Bauteilen und als Mitglied im Radio-Club gab es auch etwas Rabatt.

Nach Eintritt in seinen Laden stand man gleichzeitig im Verkaufsraum, in der Werkstatt und im Lager. Alles eng gedrängt und durcheinander. Ich habe das Chaos noch heute in Erinnerung. Nach meinem Debakel bei der wohl organisierten Fa. Eberspächer dachte ich auch kurze Zeit an die Firma Straub als Lehrfirma. Nachdem mein Vater den Laden sah war diese Vorstellung schnell beendet! Das Ende von Straub kam spätestens mit dem Abriss des Gebäudes beim Bau der Ringstrasse Ende der 50´ er Jahre.

Die besten und freundlichsten Erinnerungen habe ich an das Radio-Haus Egmont Baumgärtner im Unteren Metzgerbach. Das Geschäft wurde 1946 neu gegründet. Baumgärtner hatte einen österreichischen Akzent. Er war um die 50 Jahre alt. Ich vermute, er kam nach dem Krieg aus Österreich. Der Laden von Baumgärtner war groß, gut geführt und besaß zwei schöne Schaufenster. Er hatte sich auf Radioreparaturen spezialisiert und besaß ein gutes Lager an Ersatzteilen und Bauelementen. Sein Problem war, dass er gegen die alteingesessenen Esslinger Radioläden mit ihrem langjährigen Kundenstamm einen schweren Stand hatte. Dazu kam das aggressive Auftreten des anderen Esslinger Radioneulings, Weisschädel.

In Baumgärtner´s Laden waren meist wenig Käufer anwesend. Dies führte dazu, dass Kurt und ich uns oft stundenlang bei Baumgärtner aufhalten konnten. Wieviel wir dort kauften weiß ich nicht mehr. Viel war es sicher nicht, unser Taschengeld war begrenzt. In meiner Erinnerung bleibt, wie Herr Baumgärtner Kurt und mich lange, geduldig und freundlich zu unseren Radiobasteleien beraten hat. Wir haben viel von ihm gelernt. Ich meine, der Laden hörte um 1950 auf. Ich gehe heute nicht an dem Haus im Metzgerbach vorbei, ohne an Herrn Baumgärtner in Dankbarkeit zu denken.

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Radiogeschäfte in Esslingen. Anzeige in der QRV, Januar 1947.

Mit der Währungsreform im Juni 1948 änderte sich die Marktsituation vollkommen. War vorher Geld vorhanden und wenig Ware, so war es anschließend umgekehrt. Wenige Tage nach dieser einschneidenden Reform waren in dem Schaufenster eines Esslinger Radiohändlers Lötkolben ausgestellt. Eine effektive Methode, Reichsmark in Deutsche Mark umzuwandeln.

War-Surplus Equipment und die „STEG“

Unter amerikanischer Kontrolle konnten deutsche Stellen eine „Staatliche Erfassungsgesellschaft“, kurz STEG gründen. In der Meinung, auf der Welt gäbe es nie wieder Krieg, begannen die Amerikaner 1948 ihre riesigen Bestände an überschüssigem Kriegsmaterial zu verschrotten. Drei Jahre Umerziehung und Demokratisierung waren für die Besatzer ausreichend, um den Deutschen Schrott oder anderweitig unbrauchbar gemachte Geräte zu überlassen. Die Verteilung erfolgte über die STEG.

In Ludwigsburg gab es in der Nähe der U.S.-Kasernen große Freiflächen auf denen, die z.B. bei der Ausschlachtung von Flugzeugen anfallenden kleineren elektronischen Units ausgelegt wurden. Anschließen fuhren Panzer darüber. Was übrig blieb, konnte man für 10 Rpf/kg erwerben.

Etwas größere und weniger beschädigte Einheiten waren in Zelten deponiert. Der Kilopreis war derselbe, doch hatte nicht jedermann Zutritt. Das hier liegende Material sollte neben anderem zur Ausstattung von Schulen dienen.

Eigenständige Geräte, wie Empfänger, Sender und Frequenzmesser wurden nur durch das Entfernen der Röhren unbenutzbar gemacht (im Jahre 1948 war die Wiederbewaffnung von Deutschland noch zu verhindern!). Die Warenabteilung des DARC/WB konnte sie anschließend über die STEG erwerben. Der Weiterverkauf an die Amateure erfolgte über den Elektroladen der Mutter von Kurt Lederer, DL1CW.

Das Lager der STEG in Ludwigsburg wurde für uns Amateure das Mekka. Mit dem Fahrrad fuhren wir von Esslingen nach Ludwigsburg. Wir liefen stundenlang auf der Wiese herum und suchten in den von Panzern mehr oder weniger zermalmten elektronischen Baueinheiten nach verwertbaren Bauelementen. Einmal begleitete uns der Physiklehrer der Georgii-Oberrealschule (G.O.S), Herr Steiner. Als Lehrer durfte er in die Zelte mit den nicht oder wenig beschädigten Einheiten. Als Helfer getarnt konnten wir mit reinschleichen. Ich ergatterte ein Schaltbrett mit 16 Amphenol SO239 Buchsen, zusammen mit an abgeschnittenen Kabeln hängenden PL259 Steckern. Ein wertvoller Schatz, mit dem ich anderes Material eintauschen konnte. Gehe ich heute meine Bastelkiste durch so finde ich immer noch Teile, die aus dieser Zeit bei der STEG stammen.

Manchmal kommt eine Erinnerung hoch unter welchen Umständen ich das Teil gefunden habe. Ich war 15 Jahre alt und jedes Bauteil, ob Widerstand, Kondensator oder Spule war wertvoll.

Das Hauptproblem beim Bau einer Station bestand in der Beschaffung von Röhren. Die Anzeige von Kurt Lederer aus der QRV von 1948 warnt: Sämtliche Geräte ohne Röhren !

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Anzeige QRV, 1948

Die war-surplus Geräte in der Anzeige von Kurt Lederer stammen alle aus US-Fertigung. Nachrichtengeräte aus deutschem Besitz waren mit wenigen Ausnahmen (wie der Köln E52 Empfänger) wenig gefragt. In der Britischen Besatzungszone (B.Z.) war deutsches Militärgerät, mit KW Empfänger Anton oder Tornister-Empfänger Berta weit mehr verbreitet.

Wir waren US-infiziert und hatten die Nase voll von deutschem Militärgut. In Esslingen richtete die im Neuen Rathaus residierende Militärbehörde ein Jugendhaus ein (in dem großen Fachwerkhaus an der Landolinsteige, mit einer großen Aufschrift: „Artists and Craftsmen“!

Wir konnten dort amerikanische Wildwestfilme sehen, amerikanische Musik hören (Glenn Miller!), amerikanische Literatur lesen (Zane Grey!) und, man sollte es kaum für möglich halten, die amerikanische QST lag monatlich neu auf!

Bald konnten wir unsere Englischlehrer mit amerikanisch nachgemachter Aussprache ärgern. Wir hatten die Braunhemden und die Schulterriemen ausgezogen, und wir mussten beim Gleichschrittmarsch nicht mehr herausbrüllen „dass morgen uns die Welt gehört“. Wir fühlten uns befreit und nicht besetzt.

Meine erste Station nach der Lizenzierung im März 1949 verwendete modifizierte „Command Sets“: Empfänger Type BC454/455, Sender BC457.

In der Anzeige von Kurt Lederer sind die Preise mit 14 DM/Stück angegeben. Eine Bretzel kostete 1948 6 DPf, ein Glas Bier um 25 DPf. Ein Preis von 14 DM würde heute gut 100 EUR entsprechen. Der bekannte Empfänger BC348 kostete bei Lederer 1948 um 70 EUR. Der Preis war für mich zu hoch. Den Frequenzmesser BC221 konnte ich mir gerade noch leisten.

Die „Command Sets“, andere Bezeichnung ist AN/ARC5, wurden speziell für die Kommunikation zwischen den Verbänden der B29 Flugzeuge eingesetzt. Für die Fernkommunikation (z.B. München – England) diente der BC348.

Bis in die späten 50´er Jahre benutzten die Amateurfunker in der alten US-Zone vorwiegend amerikanische Empfänger aus war-surplus Beständen.

Fritz Trenkle beschreibt in dem Buch „Die deutschen Funknachrichtenanlagen bis 1945, Band 2: Der Zweite Weltkrieg“ die technische Spitzenposition welche die deutsche Funkindustrie innehatte. Die Einführung von Pressgusschassis, Keramikkondensatoren mit einstellbarem Temperaturkoeffizienten, keramischen Spulen mit eingebrannter Goldwicklung, HF-Eisenpulver-Topfkerne und kleinvolumigen Röhren war innovativ und fortschrittlich.

Das Ziel der Konstrukteure bestand vorwiegend im Erreichen möglichst guter Messwerte. „Überspitzte Geheimhaltungsvorschriften und mangelnde Koordination in den Forderungen der drei Wehrmachtsteile banden jedoch unnötig viele Kräfte in Entwicklung und Fertigung und führte zu einer Typenvielfalt, die Fertigung und Wartung erschwerte“ (Trenkle).

Der amerikanische K.W. Empfänger BC348 entsprach in seinen Spezifikationen etwa dem deutschen KW Empfänger Anton. (KW-E a). Trenkle schreibt: “Der KW-E a erforderte zur Ausnutzung all seiner Möglichkeiten (wie regelbare Bandbreite usw.) vom Funker schon etwas Geschick. Dies führte manchmal zu Schwierigkeiten, da beim Großteil der deutschen Wehrmacht Funkamateure kaum Chancen hatten zur Funkerei zu kommen“.

Das Gewicht des KW-E a betrug 42 kg! Die deutschen Kommunikationsgeräte waren überspezifiziert und wenig zweckorientiert. Nicht nur für Militärs, auch für Amateurfunker.

Die Entwicklung amerikanischer Nachrichtengeräte war gerichtet auf Massenfertigung, einfache Wartung und Bedienung der Geräte und Zweckmäßigkeit in der Anwendung. Nach dem Krieg war es den Amateuren überlassen, die damit verbundenen Einschränkungen in Empfindlichkeit, Trennschärfe und Stabilität durch Modifikationen zu verbessern (manchmal auch zu verschlimmbessern!).

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Der für den Betrieb weniger angenehme Standort, bevor die Geräte später als war-surplus bei uns landeten: Radio-Room in der „Flying Fortress B29”. Im Zentrum 2 Empfänger BC348, daneben 2 Empfänger aus der ARC5 Serie, BC453-455 (obere Reihe) und ein Frequenzmesser BC221 (untere Reihe). Vor dem unteren BC348 steht die Militärausführung einer halbautomatischen Vibroplextaste („Bug“), Type J36. Sie war nach 1950, bis zu den elektronischen und vollautomatisch arbeitenden Tasten (z.B. ETM2), die Standardtaste in vielen Shacks.

Amerikanische HAM´s in Esslingen

Soweit bekannt, war der allererste Sendeamateur in Esslingen der amerikanische Amateur James T. Hall, D4AQV. Unmittelbar nach dem Einmarsch der Amerikaner wurden die Wohnhäuser in der noblen Esslinger Panoramastrasse für den Einzug von ranghöheren amerikanischen Soldaten beschlagnahmt. Die Bewohner mussten die Häuser innerhalb von Stunden freimachen. Wo sie Zuflucht fanden war ihre Sache.

James T. Hall bekam ein Haus in der unteren Mühlbergerstrasse, oberhalb der Katharinenstaffel zugeteilt.

Ab Mitte 1946 konnte man auf einem Mast im Garten einen 3-Element Yagi für 14 MHz sehen. Außerdem war seine Amateurfunktätigkeit in allen Mittelwellenradios in weiter Umgebung zu hören!

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QSL-Karte von Jay, D4AQV. Vermutlich der erste Amateurfunker in Esslingen mit Sendegenehmigung

Kurt und ich wohnten etwa 100 m entfernt von Jay`s QTH. Wir lungerten oft um den Eingang des Villengebäudes herum. Manchmal sahen wir Jay, wenn er mit Jeep und Fahrer abgeholt oder heimgebracht wurde. Unsere Hoffnung, er würde uns als Kurzwellenamateure entdecken und uns an seine Station bitten, blieb allerdings unerfüllt! Er hatte allein Kontakt zu Herbert Greiner (damals unlis DA1GW, ob Jay das wusste, ist unbekannt). Es galt in den ersten Jahren das Verbot der „Fraternisierung“ und als Leutnant musste sich Jay daranhalten.

Herbert arbeitete als Techniker nach dem Krieg für das U.S. Signal Corps, wo er Kommunikationsgeräte reparierte. Jay wurde auf ihn aufmerksam und Herbert unterstützte ihn bei Problemen mit seinem Super-Pro und dem BC610.

1948 wurde Jay nach Bad Cannstatt versetzt. Ich meine, er war von Beruf Tierarzt. Er kehrte um 1949 nach USA zurück und war dann wieder unter seinem alten Call W5EBL aktiv.

Ohne Jay wären Kurt, DL1CR, und ich vermutlich nicht zum Kurzwellenfunk gekommen. Wir hörten stundenlang seinen QSO´s zu, getrauten es uns aber nicht, ihn mit unseren kleinen Schwarzsendern anzurufen.

Anfang der 50´er Jahre tauchte auf den Bändern die Station DL4AAA auf. Es handelte sich um eine Club-Station in den Nellingen Barracks. Nachdem wir in QSO´s Kontakt zu Operators der Station aufgenommen hatten besuchten sie häufig unseren Clubabend im „Hirsch“. Mit Bobby Bond, DL4TC, waren wir gut befreundet. Er sorgte auch für einen Jeep, der uns die erste Teilnahme am Feldtag im Juni 1955 erlaubte. Nach Rückkehr in die USA war er unter K4DMO aktiv. Ich hatte bis zu seinem Tod 2010 QSOs mit ihm.

Mit Ivan Egeler, „Ike“, DL4VX, kamen wir in engeren Kontakt während seiner Army-Zeit in Nellingen. Er nahm uns manchmal zu amerikanischen Amateurfunk-Treffen mit.

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Esslinger Amateurfunker

Helmut Lutz, DL1CX

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Helmut Lutz, DL1CX, gehörte nach 1946 zu den aktivsten OM in Esslingen. Vor der Lizenzierung im März 1949 arbeitete er unter dem „under-cover call“ DA1GM, Deckname „Heini“. Helmut, Student der Elektrotechnik, zeigte in Stegreifvorträgen im Bastelheim dass Amateurfunk mehr sein kann als Bastelei.

Kurt Fritz, DL1CR

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Kurt Fritz, DL1CR, Gründungsmitglied des OV ES, gehörte zu den renommiertesten Amateurfunkern aus der Esslinger Nachkriegsschule. Als erster Esslinger Funker erhielt er 1951 das damals schwierig zu erreichende DXCC Diplom.

Anfang der 60´er Jahre verfasste Kurt für einige Zeit die Rubrik „DX-Meldungen“ im DL-QTC. Seine treffende und originelle Berichterstattung ist heute noch lesenswert. In seinen beruflich bedingten Auslandsjahren als Diplom-Ingenieur in den USA und in der Schweiz behielt er ständigen Funkkontakt zu Freunden in seinem Heimat –OV.

Kurt war zeitlebens im Amateurfunk aktiv: CW, AM, SSB, digitale Moden und Satellitenfunk. Kurt starb 2010 im Alter von 80 Jahren in Westerheim.

Rolf Schick, DL3AO

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QSL-Karten: D5AE, Albert Verdier, war als französicher Besatzungsoffizier in Tübingen stationiert. Schon ab 1947 hatte er freundlichen Kontakt zu deutschen Amateuren. Seine an mich (DE8395) mit der Post gesendete QSL zeigt das Datum 30.4.1948.

Mit den täglichen Morsekursen der holländischen Station PA0AA auf 80 m lernten viele OM CW.

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Die drei Bilder zeigen einen typischen „Desk-Top Transmitter“ aus den 50´er Jahren.

(Eigenbau DL3AO, 1955/56). Desk-Top, weil früher Sender meist in hochstehende „Racks“ eingebaut waren.

Schaltung:

Clapp-Oszillator, gefolgt von Verdopplerstufen, Buffer, Treiber und Endröhren (Clapp-FD-FD-BU-PA).

AM- Telefonie über eine sogenannte Clamp-Tube-Modulation, eine trägergesteuerte Schirmgittermodulation. Im Audioverstärker ist ein „Clipper“ eingebaut. Die anfangs in der PA benutzten, sehr populären 807 wurden 1957 durch die neu von RCA entwickelten Typen 6146 ersetzt.

Der Sender enthält noch keine Halbleiter-Elemente. Viele Bauteile in dem TX entstammen ausgeschlachteten „war.surplus“ Geräten der STEG.

Die Röhrentypen für die Kleinsignalverstärkung entstammen der sogenannten E-Reihe (EF80, etc). Im Februar 1946 wurde in Esslingen ein Zweigwerk der Fa. Lorenz zur Fabrikation von Elektronenröhren gegründet. Zur Qualitätskontrolle wurde ein Teil der Röhren einem 100 Stunden Betriebstest unterzogen. Über im Werk beschäftigte Amateurfunker konnten wir diese, mit einem dick in den Glaskolben eingravierten „GEBRAUCHT“, für 1 DM/Stück erwerben.

Helmut Hengstenberg, DL9CI

Am frühen Morgen seines 16. Geburtstages im Mai 1951 stand Helmut vor den Türen des Esslinger Hauptpostamtes am Bahnhofplatz und wartete auf Öffnung. Kurz nach 8 Uhr überreichte ihm ein Oberpostrat seine Lizenzurkunde. Wenig später führte er sein erstes QSO im elterlichen Haus an der Neckarhaldensteige.

In diesen Jahren war für eine Amateurfunkgenehmigung ein Mindestalter von 18 Jahren festgesetzt. Nur bei überdurchschnittlich guten Prüfungsleistungen wurde eine Genehmigung auch mit 17 Jahren und in Ausnahmefällen mit 16 Jahren erteilt.

Auch bei Helmut führte der klassische Weg über den Bau von Detektorempfängern zum Amateurfunk. Ein Kennenlernen von Helmut Lutz und ein Besuch bei ihm und seiner Station war richtungsweisend.

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Helmut, DL9CI, um 1951/52. RX:BC348, TX:Eigenbau mit RL12P35 in PA

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Ein von Helmut 1952 gebauter 2-Element Yagi für 14 MHz. Die Drehung erfolgte von Hand. Mit der Antenne gewann DL9CI den World Wide DX Contest 1952 in der Kategorie Single TX/Multi OP

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Aufbau eines 3-Element Yagi für 14 MHz bei DL9CI im Jahre 1954. (Identifizierung der Gestalten schwierig. Doch es handelt sich um die „Üblichen Verdächtigen“ aus dem Kreis der Esslinger OM!)

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Helmut, DL9CI, bei Antennenarbeiten (1954)

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Die Firma CDR in USA produzierte ab 1955 die ersten käuflichen Antennenrotoren für Amateurfunk. Vorher war Eigenbau angesagt. Hier die von DL9CI 1954 gebaute Drehvorrichtung für seinen 3-Element Yagi.

Helmut Kimmel, DJ1BP

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Wie sich die Wege zum Sendeamateur gleichen!

Auch Helmut, DJ1BP, stand an seinem 17. Geburtstag um 7:30 Uhr vor der Tür des Referatsleiters der DBP um bei dessen Erscheinen um 8 Uhr seine Urkunde in Empfang zu nehmen! Eine halbe Stunde später führte er ein QSO mit einer Station in England durch.

Das Bild zeigt seine Station 1952 in Esslingen in der Hindenburgstrasse:

RX.: BC454 mit Converter, TX: ECO-Bu-Fd-Fd-Pa (RL12P35), Antenne 40 m Zepp. Taste: ein Bug J36. Mikrofon: ein damals beliebtes Kristallmikrofon der Fa. Ronette.

Die QSL-Karten an der Wand zeigen Helmut´s DX-Aktivität. Die QSL CE3CZ stammt von Arnold, einem bekannten deutschen Amateur in Santiago, Chile. Arnold betrieb dort eine Hühnerfarm. Südamerika war in dieser Zeit ein schwer erreichbarer Kontinent und ein QSO mit Arnold sehr gesucht.

Bei TA3AA handelte es sich um eine US-geführte Amateurstation in Ankara, Türkei. Auf der QSL ist vermerkt: TX ein BC610, Antenne ein Double Stacked Rhombic Directed on Washington, DC. Sein Signal erreichte bei uns ungeheure Lautstärken.

Eberhard Ludwig, DJ3JZ

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Eberhard Ludwig, DJ3JZ, war gebürtiger Dresdener und von Beruf Physiker. Er schloss sein Studium der Physik an der T.H. Dresden noch vor Kriegsbeginn ab. Über das Studium besaß er schon in den 30´er Jahren Kontakt zum Amateurfunk und zu Mitgliedern des D.A.S.D.

Nach Kriegsdienst und den Wirren in der Nachkriegszeit kam er 1950 nach Esslingen. Eberhard war über seine Frau Mirle verschwägert mit Ernst Abel, DJ3VM. Bei der Neugründung der Fa. Gebr. Abel in Wernau im Jahre 1950 trat Eberhard in die Firma ein.

Alle, die Eberhard kannten, denken in der Erinnerung an ihn zuerst an seine packende und ansteckende Begeisterung für den Amateurfunk und für die Physik. So ist es auch nicht verwunderlich, dass seine beiden Söhne eine Amateurfunklizenz und eine Promotion in Physik nachweisen können!

Er besaß ein großes Haus in Wernau, hoch über dem Neckartal. Seine TELREX-Monoband- 5 Element Yagi Antennen waren weithin sichtbar. In seiner freundlichen und geselligen Art lud Eberhard gerne interessante Gäste ein. Oft bat er weitere OM dazu und wir erlebten wunderbare Treffen.

So erinnere ich mich an Besuche von G4ZU, HZ1AB, HH3DL und Wayne Green, W2NSD, dem Herausgeber der amerikanischen Zeitschrift CQ.

In den 70´er Jahren war der oberste kommandierende General der in Stuttgart stationierten amerikanischen Armee ein Funkamateur. Wir haben ihn bei Eberhard in einem Abendempfang getroffen. Vor Eberhard´s Haus stand ein großer Militärwagen um die Sicherheit des Generals zu gewährleisten. Da ein kommandierender General immer erreichbar sein muss sah man große Antennen für Kurzwelle am Wagen. Nicht bekannt wurde, ob bei der Stationsvorführung mit Full Power noch Depeschen aus Washington im Wagen zu empfangen gewesen wären…

Manche erinnern sich an den von DJ3JZ ausgestrahlten Distrikts-Rundspruch. Einige Zeit lang endete der Rundspruch mit einer manchmal kniffligen Denkaufgabe aus Mathematik oder Physik. Der Erste mit einer Lösung im anschließenden Bestätigungsverkehr erhielt sogar eine kleine Belohnung. Die Begeisterung unter den Amateuren für den Denksport hielt sich allerdings in Grenzen. Nach einiger Zeit gab Eberhard mit den Fragen auf., leicht enttäuscht über das sonntägliche Desinteresse seiner Zuhörer an mathematisch-physikalischen Knobeleien.

Eberhard, bis zuletzt im Amateurfunk aktiv, starb unerwartet 1992 im Alter von 76 Jahren an Herzversagen.

Ernst Abel, DJ3VM

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Ernst Abel, DJ3VM, an seiner Station in Wernau , um 1970

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Mit Ernst Abel, DJ3VM, verbinden mich intensive Erinnerungen. Ernst, von Beruf Kaufmann, war ein genialer Techniker. Die „Gonset Twins“, eine in Größe und Aussehen von der Fa. Gonset in USA hergestellte Kombination aus Empfänger und Sender waren Mitte der 50´er Jahre der Traum jedes Mobilisten.

Ernst baute die Twins in seinen Mercedes 190SL ein und gewann einige Mobilwettbewerbe. Doch etwas gefiel ihm an den Geräten nicht. Innerhalb eines Jahres fertigte er eine Mobilstation nach seinen Wünschen. Empfänger, Sender mit Anodenmodulation, Bänder 80-10 m, voll bestückt mit Röhren. Transistoren für HF waren damals noch im Entstehen. Eine Station zum Ausstellen. Eine von Ernst gebaute Kurzwellen-PA wurde allgemein bestaunt und bewundert.

Nach dem Tod von Ernst übernahm die Endstufe Günther Schwarzbeck, DL1BU. In einem QSO Jahre später erzählte mir Günther, er hätte selten ein von einem Amateur so überlegt konstruiertes und gebautes Gerät gesehen.

Glanzstück von Ernst wurde jedoch ein 5-Element Beam für 40 m, Full-Size und Widespaced.

Die Vorfahren von Ernst besaßen eine Textilfirma in Grünau, Sachsen. Bei Kriegsende wurde ein Teil von Sachsen zunächst von amerikanischen Truppen besetzt, doch dann in einem Gebietstausch der Russischen Besatzungszone überlassen. Zusammen mit anderen Firmen deportierten die Amerikaner in ihrem Rückzug auch die Firma Abel in die Amerikanische Zone.

Auf dieser Grundlage gründeten die Gebrüder Abel im Gewerbepark der Stadt Wernau (Neckar) eine Firma zur Herstellung von Handschuhen und Handschuhstoffen. Nach einem Umsatzrückgang stellten sie auf die Produktion von Trikotstoffen für Sportartikel um. Mitte der 60´er Jahre war die Firma mit 500 Mitarbeitern der größte Arbeitgeber in Wernau.

Ernst starb nach längerer Krankheit 1980 im Alter von 60 Jahren.

Die Firma Gebr. Abel ging 1984 in Konkurs. Das Ende der Firma wurde vielfach mit dem frühen Tod von Ernst in Verbindung gebracht.

Wolfgang Hummel, DJ3VW

Bilder\1DJ3VW_stn1957.jpg Wolfgang Hummel, DJ3VW, kam als 15-jähriger zum OV-Esslingen. Ab Mitte der 50´er Jahre ging für die Neulinge im Amateurfunk die Zeit der war-surplus Geräte zu Ende. Die Station von Wolfgang ist ein Beispiel dafür. Nach USA rückkehrende Soldaten veräußerten günstig Amateurfunkgeräte amerikanischer Hersteller. Der SX23 Empfänger kam so in den Besitz von Wolfgang.

In Europa begann 1952 die italienische Firma Geloso Amateurfunkgeräte herzustellen. 1955 erschien der legendäre „Geloso-VFO“. Der Bau eines frequenzstabilen variablen Oszillators (V.F.O.), mit umschaltbaren Wellenbereichen und einer optisch ansprechenden und frequenzgenauen Skala ist insbesondere von der Mechanik her aufwändig. Zudem ging die Zeit der rauen und driftenden T5-T8 Töne auf den Amateurbändern vorbei. Für eine ordentlich geführte Station wurde ein T9 oder T9x Rapport ein Muss.

Die Firma Geloso erfüllte diese Lücke mit ihrem preiswerten, als Baueinheit erhältlichen VFO. Dem Amateur blieb es überlassen, den weniger kritischen Verstärkerteil des Senders zu bauen und diese zusammen mit dem VFO von Geloso in einem Gehäuse zu integrieren.

Europäische Feldtage

Nach dem Wiederaufleben der Amateurfunktätigkeit in den Nachkriegsjahren vereinbarten die Amateurfunkverbände von Großbritannien und der Schweiz die Schaffung eines „National Field Days, N.F.D.“ QSO´s zwischen portablen Stationen auf Berghöhen und an Meerstränden waren das Ziel. Aus der Beliebtheit des N.F.D. entwickelte sich Anfang der 50´er Jahre der „European Field Day“.

Der „European Field Day “ fand zunächst nur in Telegraphie (CW) statt. Kein Problem für die Teilnahme des OV Esslingen. Es gab genügend gute CW-Operators.

Unsere erste Teilnahme an einem F.D. war im Juni 1955. Eine Erkundungsfahrt versprach günstige Funkmöglichkeiten auf einer nahe Ochsenwang gelegenen Bergkuppe, dem „Auchtert“. Unser Gerätepark war allerdings für Portabelbetrieb wenig geeignet. Als „DX´er besaßen wir leistungsfähige Stationen, doch waren sie auf stationären Betrieb zugeschnitten.

In einer konzertierten Aktion wurde das Problem gelöst: DL9CI hatte ein Fahrzeug zur Verfügung, DL4TC organisierte einen Jeep, der Kreisjugendausschuss in Esslingen lieh uns ein großes Zelt aus und Eugen Zeh, der frühere Vorsitzende des Radio-Club Esslingen, half uns mit einem Stromaggregat.

Der Empfänger war ein BC342 von DL9CI, der Sender Eigenbau von DL1CR mit RL12P35 in der Endstufe. Teilnahme in der 100 W Klasse.

Im Ergebnis belegten wir für Deutschland, nach der Stuttgarter Gruppe, den 2. Platz. Die Auswertung zeigt deutlich: Wir verloren den ersten Platz klar durch fehlende Punkte auf 80 m.

Spekuliere ich 60 Jahre später über den Grund so erscheint folgendes möglich:

  1. Das 80 m Band war bei uns als „Schwätzerband“ verpönt. Wir fühlten uns als DX´er und dafür sind die höheren Bänder besser geeignet. Wir haben nächtliche Europaöffnungen auf 80 m versäumt und damit wertvolle Dreier-Punkte der /p Stationen verloren.
  2. Der Radio-Horizont vom Auchtert reicht bis in die Löwensteiner Berge. Auch in die anderen Himmelrichtungen liegt keine Abschattung vor. Ideal für „Low-Angle DX Radiation“. Der Wasserspiegel im Karst des Weißen Jura liegt aber 100 m tief. In der Folge wird selbst bei tiefhängenden Antennen keine, für den Nahverkehr benötigte Bevorzugung in der Steilstrahlung auftreten.
  3. Die Bierflaschen im Foto könnten darauf hindeuten, dass die OM in der Feldtagsnacht durch eine gewisse Müdigkeit vom aktiven Stationsbetrieb abgehalten wurden…

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Aufschlussreich sind die im DL-QTC erschienenen Kommentare der teilnehmenden Stationen zum Feldtag 1955. Batteriebetriebene Stationen in der Output-Power Klasse bis 10 W standen im Vordergrund. Dies war vor allem anderen durch die Einschränkungen im Transport der Stationen bedingt. Schon ein Kleinwagen war ein Vorzug, den nur wenige OM besaßen.

Die Basis der Stromversorgung waren meist 6V oder 12 V Bleiakkus. Die benötigten höheren Spannungen wurden über Umformer (Motor-Dynamo) oder Zerhacker erzeugt. Für die Empfänger wurden zur Vermeidung einstrahlender Störungen auch noch Trockenbatterien verwendet.

Unsere Feldtagstation 1956 war in einem von DJ3JZ und DJ3VM zur Verfügung gestellten Lastwagen untergebracht. Stationsausrüstung ähnlich 1955. Jetzt wurde der Erste Platz erreicht, den wir dann bis zum Jahr 1960 in Folge belegten!

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Der Feldtag 1956 zeigt eine deutliche Zunahme der Stationen in der Klasse bis 100 W, mit bedingt durch die zunehmende Motorisierung in DL

Wie schnell sich im Wirtschaftswunderland innerhalb von fünf Jahren die äußeren Umstände verbesserten zeigen die Fotos vom Feldtag 1960. Statt dem war-surplus BC342 wurde ein Collins 75A4 Empfänger benutzt, statt einem Selbstbausender ein Hallicrafters HT32. Eindrucksvoll ist der Mosley TA33, 3-Element Yagi, auf einem Kurbelmast. Ein weiterer Mast diente zur Abspannung eines Dipols für 80m und 40 m. Verändert hat sich auch der Fahrzeugpark!

Die Auswertung des Contests zeigt jetzt die gleiche Zahl von Stationen in der Low-Power und High-Power Klasse. Mit deutlichem Vorsprung gegenüber der Mannschaft aus Karlsruhe (deren Team bekannte CW Operators enthielt!) wurde der Erste Platz erreicht.

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Ergebnisse zum Feldtag 1960

Zum Funk ins Fürstentum Luxemburg, August 1956
Die erste deutsche Mehrmann- DXpedition

Im August 1956 brachen vier Esslinger OM, DL9CI, DL1CR, DL3AO und DJ2MB zu einer Reise in das Fürstentum Luxemburg auf. Das Land war damals auf den Bändern wenig vertreten und galt als „Seltenes Land“.

Wie es zu dieser DXpedition kam und wie die Expedition ablief, schildert der von Kurt, DL1CR, brilliant in Englisch geschriebene Artikel. Er erschien in der QST, der Clubzeitschrift der ARRL, in der Ausgabe vom Dezember 1956. Dem Artikel ist wenig hinzuzufügen. Spätere Berichte von DXpeditions stuften ihn als „klassisch“ ein.

Bei einer vorerkundenden Fahrt durch Luxemburg passierte Helmut, DL9CI, einen für Funk ideal gelegenen Wasserturm in Hosingen und erklärte ihn als Ziel unserer Reise. Die Gemeinde Hosingen liegt im Nordosten von Luxemburg, nicht weit weg von der Grenze zu Deutschland. Wassertürme, schon von der Anforderung her hoch und frei gelegen, sind als Standorte zum Funken eigentlich nur von Leuchttürmen zu übertreffen.

Sechzig Jahre später bewundere ich immer noch den Optimismus von Helmut, in diesem Wasserturm eine Amateurfunkstation mit großen Antennen aufbauen zu dürfen, im Wasserturm zu hausen, und noch einen Anschluss an ein 220 V Stromnetz zu erhalten!

Es war 10 Jahre nach Kriegsende, und wir befanden uns in einem im Krieg von Deutschen besetzten Land. Mit Helmut voran gingen wir zum Bürgermeister von Hosingen, zeigten unsere Sendegenehmigungen, welche wir am Vortag bei der P.T.T. in Luxemburg abholten, erklärten ihm Amateurfunk und unser Vorhaben, Amateurfunker der Welt durch eine Funkverbindung mit seinem Land zu beglücken. Wir bekamen, und ohne einschränkende Vorschriften, die Schlüssel zum Turm und Wünsche zu einem erfolgreichen Betrieb.

Im Rückblick finde ich das Vertrauen zu uns überaus bemerkenswert. Wasserreservoire sind sicherheitstechnisch sensible Einrichtungen in der Versorgung der Bevölkerung. Jeder Chemiestudent im ersten Semester kennt genügend Möglichkeiten, mit wenigen Gramm organischer Substanzen ganze Städte vom Wassernetz abzuschneiden.

Wir waren im Wasserturm, doch es fand sich kein Zugang zu einem Stromanschluss!

Hundert Meter entfernt lag ein Bauernhof. Der Bauer erlaubte uns, Strom aus einer Steckdose in seiner Scheuer zu beziehen. Von dort holten wir den Strom über eine an Holzmasten notdürftig befestigte Klingelleitung zum Wasserturm. Die Freundlichkeit und das Entgegenkommen der Leute in Hosingen gegenüber uns Fremden aus Deutschland war großartig.

Die Gemeinde Hosingen erstellte den Wasserturm 1952 als Ersatz für den im Januar 1945 bei Kampfhandlungen zerstörten Turm aus dem Jahr 1932. Wir konnten im holzverkleideten Obergeschoss unsere Station aufstellen und dort residieren. Die Turmhöhe betrug 30 m, und aus den Fenstern in 20 m Höhe spannten wir in die vier Himmelsrichtungen jeweils 80 m lange „sloping wires“. Unnötig zu sagen, die Abstrahlung war exzellent!

Anders als heute, wo bei DXpeditions (oder Stationen, die sich dafür halten!) die QSOs maschinell aus dem Computer heraus geführt werden, führten wir die QSOs kurz doch individuell aus. Jedes QSO enthielt Rufzeichen der Gegenstation und eigenes Rufzeichen sowie ein an das Signal angepasstes RST. Eine ordentliche Begrüßung und Verabschiedung im QSO war unumgänglich nach den herrschenden Gepflogenheiten.

Schon bei der Rückkehr in die Heimat quollen unsere Briefkästen über von direkt versandten QSL Karten. Viele bedankten sich für das „Neue Land“. Bis in die heutige Zeit werden in QSOs Helmut und ich noch darauf angesprochen, dass sie uns als /LUX gearbeitet haben.

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Der Wasserturm in Hosingen (August 1956)

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Abfahrt nach Luxemburg, August 1956. Einladen bei Kurt, DL1CR, in der Katharinenstrasse 64

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Die Station im Wasserturm von Hosingen:

Oben: Eigenbau Sender DL1CR mit RL12P35 in der PA
Mitte: Empfänger BC342 (DL9CI)
„Dangling Converter“: BC455, umgebaut als Converter für 21 MHz (DL3AO)
Am J36 Bug: DL3AO/LUX

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Wolfram „Felix“ Körner, DL1CU, überraschte uns mit dem Angebot, für jeden von uns kostenlos QSL-Karten zu drucken!

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Selbst Don Wallace, W6AM, damals weltweit bekannt, konnte nicht umhin uns anzurufen. Im Eifer des QSO-Gefechts reduzierte sich manchmal unser behördlich verordnetes /LUX zu einem /LX!

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Auszug aus meinem Log vom 17. August 1956. Der call Prefix von USA war ausschließlich „W“.

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Kurzwellenconteste

In der heutigen Inflation von Contesten im Kurzwellenbereich ragen in Bedeutung und Teilnehmerzahlen zwei Wettbewerbe heraus:

Der von der amerikanischen Zeitschrift CQ 1948 gestiftete CQ World Wide DX Contest (CQWWDXC) und der seit den 30´er Jahren existierende, vom amerikanischen Amateurfunkverband ARRL geschaffene North America Contest. Besonders der CQWWDXC gilt bei vielen Funkern als das Olympia in den KW-Wettbewerben.

Ein erstes gemeinsames Mitmachen von Freunden aus dem OV ES erfolgte bei dem WWDXC im Jahre 1955. Gearbeitet wurde an der Station von Helmut, DL9CI, Standort sein Elternhaus auf der Neckarhalde in Esslingen.

Empfänger ein BC342, Sender der legendäre Hallicrafters BC610, Antenne ein 3-el Beam für 20m. Für die anderen Bänder wurden Drahtantennen verwendet.

Das Contestrufzeichen war DL9CI, die Operators waren DL9CI, DL1CR, DJ2MB. Erreicht wurde der erste Platz in Deutschland in der Klasse Single Transmitter Multi Operator.

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Antennenbau bei DL9CI, Neckarhalde in Esslingen, um 1954

Im Jahre 1955 traten Eberhard Ludwig, DJ3JZ, und Ernst Abel, DJ3VM, in den OV Esslingen ein. Beide waren seit der Kriegszeit mit Funk und Amateurfunk vertraut. Nach dem Aufbau ihrer Firma, Gebr. Abel in Wernau, fanden sie jetzt Zeit für Amateurfunk.

Auf ihrem Firmengelände, sowie auf dem Gelände des von Eberhard 1958 gebauten Privathauses in einer Höhenlage von Wernau fand sich genügend Raum zum Aufbau größerer Antennenanlagen.

Es war naheliegend, dass bei der Begeisterung von DJ3JZ und DJ3VM für den Amateurfunk und bei dem Pool an, in CW und Phone versierten, Amateurfunkern in Esslingen die Teilnahme an internationalen Contesten erfolgte.

In allen Jahren 1956 bis 1965 wurde im CQWWDXC in den Klassen Multi OP Multi TX oder Multi OP Single TX unter dem Call DJ3JZ, Sparte CW, jeweils mindestens der erste Platz in Deutschland erreicht. In den Jahren 1959 und 1961 erreichten wir in der Klasse Multi OP Multi TX die weltweit höchste Punktzahl und gewannen die K2GL „Buzz Reeves“ Trophy.

Über den Zeitraum verteilt finden sich auf den Urkunden folgende Rufzeichen:

DJ1BP, DJ3JZ, DJ3VW, DJ4LI, DJ7AF, DL1CR, DL3AO, DL6HW, DL6KC, DL6UR und DL9CI.

Guest Operators von außerhalb des OV: DJ1BZ und DL7BA.

In der Tabelle “CQ WW Contest – All Time Winners by Country and Category”

http://www.cqww.com/winners.htm

ist DJ3JZ, bezogen auf alle Kategorien, die einzige europäische Station die zweimal einen WORLD 1st Platz erreichte. In der Kategorie Multi-Op Multi TX war überhaupt keine andere europäische Station jemals auf dem Gipfelplatz.

Diese Erfolge sind nicht wiederholbar. Super Stationen auf Madeira oder auf Inseln in der Karibik können Scores erzielen, welche aus Deutschland selbst mit best ausgestatteten Stationen und Operators bei weitem nicht zu erhalten sind. (Es sei denn, Esslingen wird wieder Freie Reichsstadt und zählt dann als DXCC Entity!).

Unter dem Rufzeichen DJ3VM erfolgte die Teilnahme im WWDXC in der Sparte Telefonie. In den Jahren 1958-1962 wurde, jeweils mit den gewohnten Calls aus Esslingen, kontinuierlich der erste Platz in DL erreicht.

Im vergleichbaren Zeitraum fand eine Teilnahme an den ARRL-Contesten unter dem Rufzeichen DJ3VM statt. Leider sind die Urkunden für die Platzierungen nicht mehr erhalten.

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Ein Teil der Auszeichnungen für Erste Plätze im CW Teil des CQ World -Wide DX Contest für die Jahre 1956 bis 1965. Stationscall DJ3JZ, Operators aus dem OV Esslingen
Teilnahme im Single Transmitter Multi Operator und Multi Transmitter Multi Operator Betrieb.

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Die Aktivität des OV Esslingen in den ersten zwei Jahrzehnten nach Gründung muss sich nicht verstecken. Die Erfolgsgeschichte:

  • Erste deutsche „Mehrmann-DXpedition“
  • Zahlreiche erste und vordere Platzierungen in Europäischen Feldtagen
  • Zahlreiche erste Platzierungen im CQ World Wide DX Contest und im ARRL-Contest, sowohl in Telegraphie wie in Telephonie.
  • Zweimal Erhalt der Buzz Reeves, K2GL, Tophy.

Es fällt auf, dass sich in Esslingen in dieser Zeit die Funkaktivität ganz auf Kurzwellenbänder konzentrierte. UKW Tätigkeit kam kaum vor. Ein persönliches Kennenlernen außereuropäischer Länder mit fremdsprachigen Menschen war in den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg Wenigen vorbehalten. DX-QSOs gaben eine einzigartige Möglichkeit diese Lücke zu füllen.

So ändern sich die Zeiten…

Sonntagmorgen, das Jahr habe ich vergessen, vielleicht 1965. Ich hänge in 14 m Höhe an meinem Holzmast, im Garten auf der Schurwaldhöhe. Mein Vorhaben bestand im Befestigen einer neuen Anpasseinheit.

Plötzlich ein Kommandoruf: “Was machen Sie da oben?“ Ich schaue runter und sehe einen Feldschütz mit Hund. Bevor ich antworte geht es weiter „Arbeiten in der Öffentlichkeit während des sonntäglichen Kirchgangs sind strafbar!“. Eine aufkommende, etwas ungehaltene Antwort gegenüber der Obrigkeit hielt ich schnell zurück. Wir hatten zwar eine Baugenehmigung für unser kleines Wochenendhaus. Doch den Antennenwald auf dem Grundstück einschließlich dem weithin sichtbaren Mast hatte ich in gutem Glauben gebaut. Es gab nie Anstände, doch schlafende Hunde weckt man besser nicht…

Ich kletterte also runter und wünschte ihm einen freundlichen Guten Morgen. Das hinderte ihn jedoch nicht, meine Personalien zur Erstellung einer „Gebührenpflichtigen Verwarnung“ zu fordern. Ich erwiderte, einige hundert Meter entfernt wird Tennis gespielt, über uns schweben Segelflieger und mein Vorhaben sei ja auch nichts anderes als Ausübung einer Liebhaberei (das Wort Hobby war damals ungebräuchlich).

Ich umschrieb den weltumspannenden Amateurfunk und berichtete von einer vorherigen Verbindung mit Australien (wahrscheinlich war es nur ein G!). So langsam taute er auf. Als ich versprach, nie wieder gegen Kirchgangregeln zu verstoßen wurde mein Vergehen zu einer „mündlichen Ermahnung“ herabgestuft.

Noch heute ärgert mich jedoch dieser Vergleich. Für 5 DM hätte ich ein amtliches Dokument erhalten: Amateurfunk ist Arbeit und nicht Hobby!

Einige Zeit später. In dieser Erinnerung gibt es auch kein Problem mit der Jahreszahl!

Meine Braut und ich setzten den 17. Januar 1967 als unseren Hochzeitstermin fest. Durch Vermittlung meines Onkels Willy fanden wir eine Wohnung in einem dreigeschossigen Haus, am höchsten Punkt in Berkheim gelegen. Ideal für Amateurfunk.

Der Mietvertrag galt ab 1. Januar. Allerdings musste dem Hausbesitzer noch der Wunsch zur Installation einer Antenne vorgetragen werden. Dieses Problem war äußerst diplomatisch und vorsichtig anzugehen. Ich hatte immer einige interessante QSL in der Tasche und die ich dann in einem günstig erscheinenden Moment herausholte.

Ich sprach vom Amateurfunk, welcher völkerverbindend die ganze Welt in Liebe vereint, von Erdbebenkatastrophen, bei denen oft nur über Amateurfunk Informationen vom Katastrophenort zur Außenwelt gelangen und wie Amateurfunker so Menschenleben retten. (zugegeben, etwas dick aufgetragen…)

Jetzt kam die Frage nach einer Antenne auf seinem Haus!

Kein Problem, meinte er nach meiner kurzen Darstellung zu Form und Größe. (Wie kann man auch so philantropisch eingestellten Funkern etwas verweigern“?!). Und bei seiner Einstellung sollte es auch bleiben, bis wir nach einigen Jahren in unser eigenes Haus wegzogen.

Doch ein anderes Problem tauchte auf!

Beim Weggehen rief er mich zurück:

„Sie richten jetzt mit ihrer zukünftigen Frau die Wohnung ein“?

„Ja“!

„Kann es sein, dass es manchmal abends etwas später wird“?

„Ja“!

„Kann es sein, dass sie vielleicht mal in der Wohnung übernachten“?

„Hm Hm, weiß nicht so recht…“

„Wenn ja, dann gehen sie am nächsten Morgen bitte zeitlich getrennt aus dem Haus“!

Anm. für die Spätgeborenen: Bis 1967 gab es im deutschen Strafrecht den §180, Kuppelei. Es war Hoteliers und Privatleuten bei Strafe untersagt, unverheirateten Paaren ein Zimmer oder eine Wohnung zu vermieten. So musste z.B. beim Abschluss eines Mietvertrags für Mann und Frau der Trauschein vorgelegt werden. Und dies konnten wir erst nach dem 17. Januar!

Danksagung

Für die Überlassung von Bildern danke ich ganz besonders DL1CR (SK), DL1CX (SK), DL9CI und DJ1BP. Gleichfalls mein Dank an DL1DA, DL9CI und DJ1BP für eine Durchsicht des Artikels und Informationen.

Die ersten fünf Seiten dieses Berichts entstammen, etwas abgeändert, meinem Aufsatz in der Druckschrift „50 Jahre DARC Ortsverband Esslingen P02 im Deutschen Amateur Radio Club e.V.“ Für die Konvertierung der Druckzeichen in ein digitales Format danke ich Andre, DG3SDK.