Neulich, also vor ungefähr 34 Jahren! war ich regelmäßig unterwegs von Esslingen nach Ulm in die Kaserne, meinen Wehrdienst zu absolvieren. Und jedes Mal, wenn ich bei Ulm von der A8 auf die B10 fuhr, sah ich in nicht allzu großer Entfernung eine Antenne stehen, die allein schon durch Ihr Vorhandensein faszinierte: Eine Reusenantenne, die gut und gerne 25m hoch war. Ich hatte nie herausgefunden, welche Station da am anderen Ende der Leitung war, doch der imposante Aufbau ließ mich mal über diese Antenne recherchieren. Die besondere Eigenschaft: Ihre Breitbandigkeit!

Viele Jahre war sie wieder in Vergessenheit geraten und irgendwann auch nicht mehr da. Erst Jahre später, ich hatte nach bestandener CW-Prüfung und Technikprüfung 1996 die „große Lizenz“ in der Tasche und zu Hause standen die Überlegungen an, welche Antenne ich denn am besten aufbauen kann. Zwar war da mal kurz die Überlegung an eine Reuse, aber dann war aufgrund der Abmessungen leider doch nicht genügend Platz. Weitere, breitbandige Antennen waren noch die Disconeantenne oder die Logperiodic, aber beide Antennen sind dann doch für Kurzwelle eher sehr ausladende Gebilde und nicht für mich umsetzbar. 

Datensammlung 

Heute, viele Jahre später stolperte ich aus Zufall wieder über diesen Antennentyp und das Interesse war sofort wieder da. Doch diesmal wollte ich es noch genauer wissen, dank Internet findet man unter dem Begriff „Cage-Antenna“, als Käfigantenne mehrere brauchbare Treffer, die viele Informationen um diese Antenne preisgeben. Es war etwas schwierig für mich, das viele technische Englisch zu verstehen, bin ich da doch eher der Praktiker, das geht auch ohne englisch…

 

Funktion

So ist diese Antenne eigentlich recht einfach erklärt. Es ist vom Prinzip her ein sehr dicker Antennenstrahler. Durch die Dicke entsteht die Breitbandigkeit. Man könnte sich diese Antenne auch in anderer Ausprägung vorstellen, also als Zylinder oder auch als Rhombus, ja, sogar ein auf der Spitze stehender Kegel ist denkbar. Unterscheiden tun sich diese Ausführungen lediglich im Fußpunktwiderstand. Aus diesem Grund hat sich die Form der Reuse so etabliert wie auf dem Bild dargestellt. 

Der Vorteil dieser Antenne ist der über einen weiten Bereich halbwegs konstanter Fußpunktwiderstand, der sich bei der Ausführung hier zwischen 35 Ohm und 70 Ohm bewegt. Ideale Voraussetzung schon mal für eine Anpassung, dass nicht sehr große Unterschiede transformiert werden müssen, was oft mit Verlusten einher war. Das ist ja auch das Problem der Vertikalantennen, die eine elektrische Länge haben, die auf keinem Afuband resonant ist und über einen Tuner angepasst werden. Ja, ein 6,3m langer Strahler kann auf 80m mit einem Automatiktuner angepasst werden, doch der Wirkungsgrad tendiert gegen 1-3 %.

Parallel zur Reusenantenne findet man auch „dicke Dipole“ in der Anwendung. Durch die dicke Bauform reduziert sich auch die Baulänge in Bezug auf die Grundfrequenz und sind oft auch über zwei oder drei Bänder zu gebrauchen, manchmal auch noch mehr. Diese dicken Dipole verhalten sich ähnlich wie die Reuse, ich will aber hier nicht näher darauf eingehen, wer den Platz hat, sollte unbedingt mal mit einem dicken Dipol experimentieren.

 

Der Unterschied zum dünnen Strahler

Setze ich als Strahler einen einfachen Draht ein, so hat dieser die Eigenschaften, dass er bei höher werdender Frequenz immer mehr aufsplittet und es immer mehr Nebenkeulen ausbildet, deren Nullstellen ebenfalls sehr ausgeprägt sind. Diesen Effekt beobachtet man in der Regel dann sehr ausgeprägt, wenn der Strahler die Länge von 3/2 Lambda oder 2 Lambda und mehr erreicht. Wird der Strahler immer dicker, werden die Nullstellen deutlich weniger und auch die vielen Keulen verschmelzen immer mehr zu einer homogenen Fläche. Zudem wird man feststellen, dass der Fußpunkt eines dünnen Drahtes bei Durchlauf des Frequenzspektrums zwischen mehreren Kiloohm und 40 Ohm schwanken, was ein erhebliches Problem für die Anpassung darstellt, während bei der Reuse die 30 bis 70 Ohm mit jedem handelsüblichen Automatiktuner sicher angepasst werden kann.

Dieser Effekt ist über den Daumen gepeilt von der Grundfrequenz bis ungefähr der vierfachen Frequenz sinnvoll nutzbar.

Der Rothammel

Natürlich habe ich auch die Bibel der Antennen in die Hand genommen und dort gelesen, was über die Reusenantenne erzählt wird. Doch hier findet man nur ein paar Maßangaben und eine vorgeschlagene Bauform, jedoch keine weiterführenden Hintergründe. Okay, dann eben nicht. Wenigstens ein paar Angaben über die Baulänge in Abhängigkeit zur Grundfrequenz oder Hinweise, auf was man achten muss beim Bau wären hilfreich gewesen, doch hier schweigt sich der Rothammel aus. Also müssen einfach die angegeben Zahlen reichen, das Produkt „Reusenantenne“ zu erweitern.

Interpolation

Meine eigentliche Arbeit begann jetzt. Ich wollte die verschiedenen Angaben von Längen und Höhen miteinander ins Verhältnis bringen, um eine Abhängigkeit zu finden und weitere praktische Abmessungen zusammen zu stellen. Doch die Tabelle ist nicht wirklich linear. Manche Maße verhalten sich in den Verhältnissen anders zueinander als man denkt. Doch davon ließ ich mich nicht beirren.

Hintergedanke
Die Reuse ist ein dicker Strahler, der über einen weiten Frequenzbereich genutzt werden kann, weil die elektrischen Eigenschaften immer gute Voraussetzungen für die Anpassung bietet. Also kann die Abmessung, wenn sie etwas zu groß ausgefallen ist, nicht wirklich nachteilig sein, würde ja lediglich die Grundfrequenz noch etwas tiefer reichen. Also habe ich von den Abmessungen der 80m-Variante diverse Ableitungen gemacht:

Version 1: 80m bis 20m

Version 2: 20m bis 6m

Version 3: 6m bis 2m

Version 4: 2m bis 70cm

Wichtig dabei war, bei der Verhältnisrechnung nicht nur die im Sprachgebrauch übliche Bandlänge zu verwenden, sondern die auf die tiefste Frequenz bezogene Bandlänge. So rechnet man beim 80m-Band mit 85m und beim 40m-Band mit 42m.

Hier jetzt die Tabelle mit den von mir berechneten Abmessungen:

 80-20m20-6m6-2m2m-70cm
H113,1m3,23m92cm31cm
H25,15m1,27m36cm12cm
H30,65m0,16m5cm1,5cm
L15,4m1,33m38cm13cm
L21,8m0,45m13cm4cm

Ergebnis

Auf der ersten Seite seht Ihr meinen Testaufbau der Version 6m bis 2m. Einfach umgesetzt ohne besondere Vorkehrungen gegen Wasser und Witterung. Es ging mir einfach um den Test, ob meine Berechnungen halbwegs passen oder völlig daneben liegen. Zu meiner Überraschung liege ich aber richtig gut!  Danke meines Nano-VNA konnte ich diese Antenne auf meinem Balkon vermessen. Hier verfügt der Antennenfuß ordentlich Masse, was bei diesem antennentyp Voraussetzung ist.

Sie hätte ein klein wenig länger sein können, aber so liegt bei 50 MHz noch nicht die beste Stehwelle an. Überraschenderweise sind die Messwerte hoch bis 70cm in sehr passablen Bereichen, jedoch hat der praktische Versuch dann gezeigt, dass das Strahlungsdiagramm höchstwahrscheinlich mehr für Satellitenbetrieb geeignet ist als für terrestrische Ausbreitung.

Fazit

Es hat Spaß gemacht, diesen Antennentyp mal etwas näher zu durchleuchten und auch diese kleine Variante aufzubauen und mal den VNA einzusetzen. Eine Lösung für die tieferen Bänder umzusetzen, ist ganz bestimmt ein nettes Thema und bringt sicher viel Spaß beim Aufbau und Betrieb im Vergleich zu anderen Antennen.

Grüße

Stefan, DL8SFZ