Jeden Tag nutzen wir die elektrische Energie, die uns direkt im Haus zur Verfügung gestellt wird, ohne uns viel Gedanken darüber zu machen. Gehen wir den 50Hz mal etwas auf Tuchfühlung und schauen, wo sie denn herkommen.
Im Jahr 1886 wurde der weltweit erste Wechselstromgenerator vom Elektropionier George Westinghouse in den USA gebaut (Wikipedia).
Westinghouse Generator (Rankin Kennedy, Electrical Installations, Vol III, 1903)
Quelle: Andy Dingley (scanner), Public domain, via Wikimedia Commons
Der Generator produzierte einen Strom mit „16.000 Wechseln pro Minute“. Weil je zwei Wechsel eine volle Periode bilden, entsprach dies einem Wert von 16.000 / (2 x 60) = 133⅓ Perioden in der Sekunde, in heutiger Wahrnehmung also der Frequenz 133⅓ Hz. Der Ursprung ist der, dass Georg Westinghouse einen 8-poligen Läufer gebaut hat, der pro Wicklung relativ wenig Windungen besaß. Also musste der Rotor sehr schnell drehen, um eine halbwegs ordentliche Leistung abzugeben. Über diverse Riemenantriebe betrug dann die Drehzahl 2000 Umdrehungen, was dann zurück gerechnet 2000 x 8 = 16.000 Polwechsel in der Minute, also die „krummen“ 133⅓ Hz ergab. Zum gleichen Zeitpunkt forschte auch die Firma Thomson-Housten mit Wechselstromgeneratoren, die sich jedoch auf 15 000 Polwechsel einschossen und daraus abgeleitet 125 Hz ergaben.
Weiter wurde dann ein Antrieb der Generatoren mit Wasserturbinen angestrebt, was letztendlich zu niedrigeren Drehzahlen führte. So gab es mehrere Ausführungen, die von 25Hz bis 40Hz gingen. So zum Beispiel lieferte das Kraftwerk Lauffen am Neckar mit einer Turbinendrehzahl von 150 U/min eine Frequenz von 40 Hz.
Jetzt kam Problem 2 auf den Schirm: Wurden Lichtbogenlampen mit einer Netzfrequenz von weniger als 40 Hz betrieben, so konnte man das Flackern sehen, was auf Dauer nicht erträglich war. So wurde damals festgelegt, Lampen dürfen nur mit mindestens 5000 Wechsle pro Minute betrieben werden, was rund 42Hz entsprach. Diese Frequenz war viele Jahre unter anderem in Italien in Gebrauch und konnte sich über Jahrzehnte halten.
In den USA, in denen ja die Übertragung von Wechselstrom letztendlich erfunden und definiert wurde, gingen die vielen Frequenzen verschiedene Wege. Es standen diverse Überlegungen im Raum, welche Frequenz für welchen Einsatz nun die beste wäre. Man stand vor der Wahl: 133⅓ Hz (16.000 Wechsel), 125 Hz (15.000), 83⅓ Hz (10.000), 66⅔ Hz (8.000), 60 Hz, 50 Hz, 40 Hz, 30 Hz, 25 Hz und viele andere mehr! Wer die Wahl hat, hat die Qual.
Im Laufe der Zeit kristallisierten sich dann zwei Frequenzen heraus: 60 Hz für die „normalen Verbraucher“ und 25 Herz für die Kraftstromübertragung. Diese 25 Hertz lieferte das Niagara-Kraftwerk, auf Grund der Konstruktion der Turbinen. Und kaum zu glauben, noch durch das ganze 20te Jahrhundert konnte sich das Kraftwerk behaupten, bis es dann endlich abgeschafft wurde.
In Deutschland war anfangs ein ähnliches Chaos. Alles zwischen 25 Hertz und 70 Hertz war in Gebrauch. Da begann man um die Jahrhundertwende ins 20te Jahrhundert zu überprüfen, welche Frequenz denn am weitesten verbreitet war und die Wahl fiel auf die noch heute bekannten 50 Hz. Wegweisend waren hier die Firma Oerlikon in der Schweiz und die AEG in Berlin. Zu diesem Zeitpunkt war es aber immer noch üblich, je nach Anforderung die Frequenz anzupassen. Dies kam durch die Konstruktion der Turbinen zustande, bei der immer wieder alte Konzepte herausgezogen und einfach die Drehzahlen angepasst wurden.
1902 wurde erstmals die Frequenz von 50 Hz ins Regelwerk der Generatoren aufgenommen, aber als Empfehlung. Es solle entweder 25 Hz oder 50Hz sein. In der Folgeauflage des Werkes 1912 wurde dann 25Hz als unüblich betrachtet und es wurde nur noch 50Hz favorisiert. Ab 1920 traten Österreich in dieselben Fußstapfen wie die Schweiz und Deutschland, kurze Zeit später folgte Großbritannien.
Heute haben sich 22 Länder in Europa diesem Trend angeschlossen, 50Hz gelten auf 4 ½ Kontinenten. Die 60Hz der USA findet man noch in Südamerika und ein paar Ländern in Asien.
50Hz, eine Zahl, die uns vorkommt, als ob die schon immer so existierte. 50 Hz, über deren Konstanz man sich eigentlich keine Gedanken macht. In der Tat gibt es einige Uhren, die die 50Hz des Netzes als Zeitbasis für ihre Anzeige nutzen. Wenn dem so ist, dann muss die Frequenz im Schnitt doch recht genau sein. Sind sie auch. Bis vor einiger Zeit viele Menschen morgens verschlafen haben, weil in der Nacht die Stromerzeuger ein Problem hatten und über einen gewissen Zeitraum die Frequenz spürbar in die Knie ging, was sich bis zum Morgen auf 5 bis 6 Minuten aufaddierte. Hoi, was war da passiert und an was für einer Katastrophe sind wir da vorbei geschrammt? Tatsächlich stand halb Europa kurz vor dem flächendeckenden Blackout. Hintergründe dazu findet man im Internet, diesen Umstand will ich hier jetzt nicht breittreten. Aber über die Genauigkeit der Netzfrequenz, dazu will ich noch etwas schreiben.
Die Regelabweichung der Netzfrequenz liegt normal bei +/- 50mHz, also 49,05 bis 50,05 Hz. Je nach Belastung des Netzes, also ob wir mit Endstufe funken oder mit Transceiverleistung :). Solche leichten Schwankungen werden mit der sogenannten Primärregelung ausgeglichen. Ab einer Abweichung von +/- 100mHz werden dann die Leistungsreserven gezogen, in Form von weiteren Kurzzeitgeneratoren (Gasturbinen). Wenn deren Power nicht reicht oder wenn zu viel produziert wird, werden Primärlasten abgeworfen wie Speicherpumpen. Also innerhalb dieser Grenzen ist noch alles normal und keine Gefahr. Den Lastabwurf unterteilt man dann noch in mehrere Stufen. Diese alle einzeln aufzuzählen habe ich mir gespart, hier in Tabellenform:
Frequenz | Aktion | Summenlast | Aktivierungsart |
49,8 Hz | Aktivierung von Leistungsreserven unverzögert und Abwurf von Speicherpumpen (t<10s) | Manuell / Automatisch | |
49,2 Hz | Abwurf von Speicherpumpen unverzögert | Automatisch | |
49,0 Hz | Lastabwurf Stufe 1, ca. 12,5 % | ca. 12,5 % | Automatisch |
48,8 Hz | Lastabwurf Stufe 2, ca. 12,5 % | ca. 25,0 % | Automatisch |
48,6 Hz | Lastabwurf Stufe 3, ca. 12,5 % | ca. 37,5 % | Automatisch |
48,4 Hz | Lastabwurf Stufe 4, ca. 12,5 % | ca. 50,0 % | Automatisch |
47,5 Hz | Trennung der Kraftwerke vom Netz | Automatisch |
Ab einer Abweichung von 800mHz von der Nennfrequenz geht man in den E-Werken von einer schwerwiegender Störung aus.
Die Folgen können wir uns ausmalen: Es werden immer mehr Zellen abgeworfen, also kurz gesagt ausgeschaltet und zwar so lange, bis die Frequenz wieder stabil ist. Danach beginnt man dann nach definierten Protokollen, Stück für Stück wieder zu zuschalten. Der Vorgang klingt jetzt einfach, kann sich aber bis zu 8 Stunden hinziehen. Und wehe, beim Hochfahren macht jemand einen Fehler, dann geht wieder alles runter und der Vorgang beginnt von vorne.
Interessant wäre mal ein Bastelprojekt, ein Frequenzzähler, der die Netzfrequenz aktuell und geglättet über eine Zeitraum x darstellt. Dann würden wir genau sehen, wie unser Netz aktuell belastet wird.
Wenn euch der Bericht gefallen hat, lasst gerne einen Kommentar da, wenn er euch nicht gefallen hat, behaltet es einfach für euch. Nur so bleibt meine Motivation zum Schreiben erhalten! ;-)
Gruß
Stefan, DL8SFZ
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